Uhrenwerkzeuge für Einsteiger
Was man so alles braucht (und was nicht), wenn man beginnt sich mit Armbanduhren zu beschäftigen.
Eins vorab: Dieser Artikel richtet sich an Einsteiger. Das steht in der Überschrift und das meine ich auch so. An Menschen, die erst am Anfang einer Abhängigkeit von guten und mechanischen Uhren stehen. Und die zum ersten Mal Hand anlegen wollen an den ein, zwei oder vielleicht schon drei Stücken einer zum Wachstum verurteilten Uhrensammlung.
Alle langzeitabhängigen Sammler, Schrauber und Uhrendoktoren sollten nun den Bildschirm zur Seite legen, oder am Ende des Artikels konstruktive Vorschläge und Erfahrungen beisteuern, die für EINSTEIGER praktikabel und verständlich sind. Danke.
Ich fange mal umgekehrt an: Was brauchen Sie nicht, wenn Sie sich zum ersten Mal an das Thema Uhr und deren Bänder und Gehäuse wagen?
Finger weg von: Schleif- und Poliermaschinen, Gehäuseöffnern, Glas- und Zeigerhebern, Werkhaltern und Co. Für all die Arbeiten, für die diese Dinge von Nutzen sein könnten, sollten Sie einen guten Uhrmacher aufsuchen. Eine Liste derer finden Sie HIER.
Nachdem Sie mir nun auf Sammler-Ehrenwort versprochen haben, nichts zu öffnen oder zu „reparieren“, komme ich zu den Fähigkeiten, die ich auch einem Anfänger zutraue. Maßstab dafür bin ich selbst, zu Beginn meiner Sammler-Karriere – und nachdem ich letzte Woche schubladenweise Opfer misslungener Technikeingriffe entsorgt habe.
Ich beschränke mich hier also auf die Aufbewahrung, den Transport, die Reinigung oder die Montage oder Veränderung von Armbändern. Und über allem steht der weise Spruch:
„Testen Sie Ihre Fähigkeiten an einem emotional nicht verbundenen Versuchsobjekt“. Im Klartext: Schrauben Sie erst am Schrott – dann an Ihrer Patek Philippe.
Nun aber zu den anfängergeeigneten Werkzeugen – mit denen Sie aber auch erheblichen Schaden anrichten können:
Bänderwechsel
Lupe
Ok, wenn Sie sich das Ding nicht schräg ins Auge rammen, können Sie bei sich selbst und an der Uhr nicht viel kaputt machen. Den Sinn des visuellen Vergrößerns muss ich wohl nicht erklären. Lupen kann man an den Kopf oder an eine vorhandene Brille klemmen – und schon ändert sich die Sicht auf die Kleinigkeiten.
Schraubendreher
Sie ahnen es, mit Opas Kreuzschlitz kommen Sie bei Uhren konstruktiv nicht weiter. Ein Set von Uhrmacher-Schraubendrehern hilft vor allem beim Ändern von Stahlbändern und verschraubten Federstegen.
Pinzette
Perfekt für die Kleinteile, die Sie bei den ersten Versuchen sowieso nicht mehr auf dem Teppichboden finden werden.

Wer wirklich schrauben möchte, der sollte einen Uhrmacherkurs belegen
Federstegwerkzeug
Ohne das geht’s beim Bänderwechsel nur selten. Ich bevorzuge die Variante mit der gebogenen Gabel, weil sich der Steg leichter und gehäuseschonender hebeln lässt. Hat die Gegenseite einen dünnen Stift, können Sie problemlos auch durchbohrte Hörner von dem Federsteg befreien. Mehr zum Bandwechsel finden Sie in diesem Tutorial.
Stifteausdrücker
Zum Kürzen von Stahlbändern, die nicht verschraubt, sondern mit Stiften gehalten werden. Um Bandglieder zu entfernen, müssen diese Stifte punktgenau und gerade raus- und wieder reingedrückt werden. Kratzerfrei geht das nur mit diesem Werkzeug, das das Band sicher einspannt und hält.
Mini-Flachzange
Wenn sich der Stift im Stahlband oder der Federsteg im Leder der Entnahme widersetzen möchte.
Weiche Unterlage
Sollten Sie handgreiflich werden, dann sorgen Sie bitte wenigstens für ein weiches Darunter. Die Uhr sollte bei allen Arbeiten auf einer nicht kratzenden Unterlage liegen. Es kann auch mal ein Reststück Leder oder das alte Tischset aus dickem Filz sein.
Reinigung der Uhr
Wenn Ihnen beim Lesen auch ein verwundertes „Wieso reinigen…?“ herausgerutscht ist, empfehle ich Ihnen jetzt Ihre Uhr auszuziehen und sich genau (gerne mit der gerade gekauften Lupe) die Rückseite des Gehäuses und des Stahlbandes anzuschauen. Erstaunlich, wie viel Besitzer doch am und zwischen dem Metall klebt. Sollte Ihre Uhr wasserdicht sein (das Stahlband ist es auf jeden Fall…Scherz), dann heißt es: waschen – mehr dazu in diesem Artikel.
Vorarbeiten bitte nicht mit Hammer und Meißel, sondern schonend mit einem Zahnstocher und/oder Wattestäbchen vornehmen. Gerne genommen wird auch ein kleiner, grobborstiger Pinsel.
Für den täglichen Glanz von Gehäuse und Glas sorgt dann ein hochwertiges Mikrofasertuch.
Aufbewahren
Es muss keine handgravierte Uhrenbox sein (wenn doch, wunderschöne finden Sie HIER), keine Kristallvitrine und keine Tresor-Uhrenbeweger-Kombination. Doch überall gilt: Wie man sich bettet so liegt man. Gemeint ist die Uhr. Es ist egal wo Sie Ihr Schmuckstück ablegen, wichtig ist worauf. Schaffen Sie also weiche Unterlagen: wie oben genannt genügt ein Stück Leder oder Filz. Wer es edel liebt, bettet den Zeitmesser in einem handgefertigten Tray wie diesem.
Ich rate auf jeden Fall zu einer kleinen Transportbox, einer Uhrenrolle oder einem Uhrenetui, die als Kurzzeitzuhause für ein oder mehrere Exemplare auf dem Weg zum Uhrmacher oder dem Angeber-Stammtisch dienen. Golduhr in Hosentasche zusammen mit Schlüsselbund – sehr schlechte Lösung!
Fazit:
Wenn Sie sich mit hochwertigen Uhren beschäftigen, sollten Sie sich nicht auf billiges Werkzeug einlassen. Legen Sie bei allem, was Sie sich anschaffen, dieselben Qualitätsansprüche an den Tag wie bei Ihren Uhren. Billig kann Sie teuer zu stehen kommen, wenn erst einmal das Gehäuse durch das abgebrochene Werkzeug verkratzt wurde.
Testen Sie Ihr Geschick vorab an Uhren, deren Totalverlust Sie verschmerzen können, und lernen Sie Ihre Grenzen kennen. Denn das ist dann genau der Punkt, an dem der Uhrmacher übernehmen sollte.
Sollte ich Ihrer Meinung nach ein Einsteiger-Werkzeug oder Accessoire vergessen haben, dann her damit. Gleiches gilt für den Jahrhundert-Tipp, den Sie den Uhren-Novizen unbedingt noch mit auf den Weg geben wollen. Wir sind gespannt.
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