Philipp Man: „Wir wollen mit CHRONEXT die Nummer 1 im Onlinehandel werden“

Das erste was auffällt, wenn man Philipp Man dem Gründer und CEO von „CHRONEXT“ gegenüber sitzt: Er ist zurückhaltend, höflich, aufmerksam und pünktlich – meine Mutter würde sagen: Der Bub hat Manieren. Das ist durchaus erwähnenswert für einen „Startupper“, der gerade mal halb so alt ist wie ich und dem die Investoren ihr Vertrauen und noch mehr Geld entgegen bringen. Ich habe mich mit ihm über seinen persönlichen Uhrengeschmack, transaktionalen Handel, weltweite Expansion und die Zukunft des Uhrenhandels unterhalten. Wie (über)lebt es sich als junger Unternehmer in einer alten Branche? Dazu haben ich ihm ein paar Fragen gestellt.

Zur Person

Name: Philipp Man
Unternehmen: CHRONEXT AG
Position: CEO & Co-Gründer
Im Unternehmen seit: 2013

Beruflicher Werdegang

Ich bin begeistert von Uhren, solange ich denken kann. Ich ging ins King’s College in London, wo ich mit meinem Co-Gründer Ludwig eine Wohnung teilte, außerdem sammelte ich Erfahrungen bei Glencore in London sowie der Boston Consulting Group in Zürich. Zwischen Abitur und dem späteren Studium in Cambridge habe ich bei einem Händler für gebrauchte Luxusuhren in Köln gearbeitet. Das war mein offizieller Start in der Welt der Uhren. Viele Menschen glauben, dass es sich nur um einen Markt für leidenschaftliche Sammler handelt, tatsächlich ist es eine riesige Branche.

Ein paar Eckdaten zum Unternehmen

Mein Co-Gründer Ludwig Wurlitzer und ich haben das Unternehmen am 23. Februar 2013 gegründet, wir waren beide damals 22 Jahre alt. Die CHRONEXT AG ist ein Schweizer Unternehmen mit Sitz in Zug. Unsere deutsche Niederlassung befindet sich in Köln, unsere Flagship Boutique in London. Darüber hinaus gehören 16 international verteilte Pick-up Locations zu CHRONEXT: Standorte, an denen die bestellte Uhr in Empfang genommen und ans Handgelenk angepasst werden kann.
Wir listen in unserem Sortiment neue Luxusuhren aller bekannten Marken, aber ebenso Uhren aus zweiter Hand und Vintagemodelle, die wir entweder von Privatpersonen, Händlern oder den Marken direkt beziehen.
Die Gründung begann ganz klassisch in der Küche unserer WG in Maida Vale (West London). Heute, 6 Jahre später, haben wir 180 Mitarbeiter in 16 Büros und liefern in 130 Märkte.

Und nun zu den Fragen

Herr Man, beginnen wir mit den einfachen Fragen zum Kennenlernen: Was begeistert Sie an Uhren – das Innere oder das Äußere?
Ich bin begeistert von Design, keine Frage. Das bezieht sich nicht nur auf Uhren. Dennoch, ohne ihre inneren Werte wären diese Luxusuhren nicht, was sie sind: Wenn Sie das detailreiche Werk eine Audemars Piguet in seinen Einzelteilen sehen, oder durch den Saphirglasboden einer Patek Philippe Nautilus Perpetual Calendar die Feinheiten dieses Modells betrachten, dann ist das faszinierend. Keinen echten Uhrenliebhaber lässt die Handwerkskunst dieser Meisterstücke kalt.

Ihre erste wirklich „wertige“ Uhr war eine…?
Corum Admirals Cup

Wie viele verschiedene Uhren tragen Sie regelmäßig?
11

Ihr absoluter Favorit?
Meine Traumuhr, die ich leider nicht besitze, ist eine Patek Philippe Nautilus 5740

Welche Aussage trifft auf Sie zu:

Ich wähle die Uhr dem Anlass entsprechend
Ich wähle die Uhr der Kleidung entsprechend
Ich wähle die Kleidung der Uhr entsprechend
Ich wähle die Uhr meiner Gemütslage entsprechend, unabhängig von weiteren Faktoren

Fünf Klassiker, die ein Uhrenverrückter in der Schublade haben sollte?

  • Audemars Piguet Royal Oak Chronograph Referenz 26331ST.OO.1220ST.01
  • Patek Philippe Nautilus Date Sweep Seconds Referenz 5711/1A-010
  • Rolex Cosmograph Daytona Referenz 116500LN

Für Vintage-Liebhaber:

  • Rolex Submariner Referenz 5513
  • Rolex GMT-Master Referenz 1675

Übrigens: Wer diese beiden Vintagemodelle vor 7 Jahre gekauft hat (2012), kann sich heute über einen Investment Return von bis zu 125% für die 5513 und von bis zu 150% für die 1675 freuen. Sportmodelle von Rolex aus Edelstahl boomen seit Jahren, das macht auch vor gebrauchten Uhren nicht halt.

Besitzen Sie eine „billige Urlaubsuhr“? Wenn ja, welche?
Nein

Braunes Lederband zu schwarzen Budapestern – geht das?
Nein

Bei welchen Gelegenheiten verzichten Sie auf eine Uhr am Handgelenk?
In Südafrika und Brasilien

Smart Watch: Ja / nein / heimlich / nicht mehr ?
Ich möchte meine Emails ungern am Handgelenk haben

Mechanische Uhren werden jeden Technik-Trend überleben, weil:
Der Wunsch nach Handgemachtem, Echtem ist nicht nur ein kurzlebiger Trend, sondern in dem Verlangen nach Haptik und Vertrautheit begründet. Am Ende des Tages ist unsere “Popular Culture” in Film und Musik so sehr von edlen Uhren geprägt, dass die Millenial Generation wahrscheinlich noch größere Uhrenkäufer werden als die Babyboomer.

Wenn Sie ein nicht uhrenaffiner Freund fragt, wie viel er denn für eine „vernünftige“ Uhr mindestens ausgeben muss, welche Summe nennen Sie?
2.500 €

Benchmarken Sie bitte folgende Preisregionen für Uhren mit deren Obergrenze:

  • Preiswerte Uhr – bis 499 €
  • Mittelpreisige Uhr – bis 500-2.000
  • Teure Uhr – 2.001 bis 9.999€
  • Luxussegment – ab 10.000 €

Welches sind die Topseller Ihres Sortimentes?
Aktuelle Topseller erstes Halbjahr 2019:

  • Rolex Submariner Date
  • Rolex Datejust
  • Rolex GMT-Master II
  • TAG Heuer Formula 1
  • Omega Speedmaster Moonwatch Professional
  • Omega Seamaster Diver 300 M
  • Breitling Superocean II 42
  • Rolex Cosmograph Daytona
  • NOMOS Glashütte Tangente
  • Cartier Tank Solo

Die Zentrale in Köln: Viel Glas, viele Uhren

Nun mal zum Eingemachten: Herr Man, wenn Sie Chronext einem Uhreninteressierten beschreiben, wie bezeichnen Sie Ihr Unternehmen: Konzessionär, Grauhändler, Uhren-Online-Shop?
Die größte transaktionale Handelsplattform für neue und gebrauchte Luxusuhren.

Warum transaktional? Was Sie traditionell in der Uhrenindustrie hatten, sind die Marken, die Händler, die Konzessionäre und die Verbraucher. Alles wird von einem Part der Kette zum nächsten zu einem festen Preis verkauft. Wenn man sich ansieht, wie sich auf dem Markt die Uhrenpreise ständig ändern, fehlte es in der klassischen Kette eine Art Börse, die den ganzen Lebenszyklus einer Luxusuhr abbildet. Bei uns können Sie Uhren kaufen, aber auch verkaufen oder in Zahlung geben.

Wenn wir gerade beim Unterscheiden sind und weil Sie so oft in einen Topf geworfen werden: Bitte erklären Sie uns den unternehmerischen Unterschied zwischen Chronext und chrono24.
chrono24 ist in erster Linie ein Medium, das Händler und Privatpersonen miteinander verbindet. Bei CHRONEXT arbeiten 180+ Uhrenliebhaber, jede verkaufte Uhr geht durch unsere Hände, bevor sie den Kunden erreicht. Wir überprüfen jedes Modell auf Authentizität und Qualität in unserer hauseigenen Werkstatt. Dabei besitzen wir einen Teil der Uhren, die in unserem Shop gelistet sind. Die übrigen Modelle beziehen wir auf Bestellung von den Marken, Privatpersonen oder Händlern.

Unser Service geht über E-Commerce hinaus: Wir haben standardisierte Fotografie, standardisierte Verpackungen, standardisierten Pre-Sales-Service und alle Vorteile, die ein Onlineshop bietet. Für den Verbraucher spielt es keine Rolle, ob die Uhr, die er oder sie kauft, zuvor im Besitz von CHRONEXT, im Besitz einer Privatperson oder im Besitz eines Einzelhändlers war – die Kauferfahrung bei uns ist dieselbe. Wenn nach dem Verkauf noch Fragen auftreten sollten, kümmern wir uns. Der Kunde muss nicht dem Einzelhändler oder der Person, bei der er die Uhr gekauft hat, hinterherlaufen. Wir beheben das Thema in erster Linie für den Kunden und lösen danach die Situation im Hintergrund. Das ist das Einzigartige an dem, was wir tun.

Ludwig Wurlitzer – Chief Product Officer von CHRONEXT

Ich fragte gerade nach „Ihrem“ Unternehmen. Die Fachpresse spricht von zig Millionen, die an Risikokapital seit Ihrer Gründung 2013 geflossen sind. Sind Sie und Ihr Mitgründer und Geschäftspartner Ludwig Wurlitzer noch die Herren im eigenen Haus?
Ludwig und ich sind nach wie vor im Vorstand und ich bin Vorstandvorsitzender – aber unsere Investoren haben eine valide Meinung, die natürlich durch deren reiche Erfahrungen unsere Entscheidungen signifikant beeinflusst.

Sie beide haben in Cambridge studiert und dann mit 22 ein Start-up gegründet. Ging es Ihnen dabei in erster Linie ums Gründen, oder um die Uhren? Hätte es auch ein Online-Shop für Whiskey sein können?
Ich bin Uhrenliebhaber, seit ich denken kann. Dennoch: Unsere ursprüngliche Gründungsidee handelte von Büchern, ließ sich allerdings nicht entsprechend skalieren. Mit unserer Leidenschaft für Uhren und meinem Verständnis für den Rohstoffmarkt, aufgrund meiner bisherigen Berufserfahrung, planten mein Co-Gründer und ich, so etwas wie eine Börse für das Uhrengeschäft zu schaffen. Daraus entstand übrigens auch der Name CHRONEXT, der sich aus „Chrono Exchange Trading” entwickelte.

Die Idee hinter Chronext ist es heute, ein Erlebnis für den Verbraucher zu schaffen, bei dem er oder sie sofortigen Zugang zu der weltweit größten Auswahl an zertifizierten Luxusuhren hat. Wenn Sie bei uns kaufen, sollte es sich anfühlen, als würden Sie Mode von Farfetch kaufen, wo alles in gleichbleibender Qualität angeboten wird. Es ist also ein wenig von beidem: Dem Willen, zu gründen, in Verbindung mit echter Leidenschaft für das Produkt. Nur wenn Letzteres auch gegeben ist, wird man als Gründer erfolgreich sein. Wir lieben Uhren unabhängig von dem gewaltigen Marktpotenzial.

Newcomer leben von gutem Marketing und von exorbitanten Wachstumsraten. In den ersten Jahren kein Problem, aber jetzt redet die Presse von Stagnation und nicht erreichten Umsatzzielen. Liegen Sie im Plan?
Wir haben vor einem guten halben Jahr unsere Geschäftsführung ausgebaut und ein neue Management-Ebene etabliert, uns als Unternehmen also weiter professionalisiert und strukturiert. Von Stagnation kann seither nicht die Rede sein, wir wachsen gerade deutlich über 100% gegenüber 2018.

Start-ups verbindet man häufig mit der einseitigen Strategie des schnellen Wachstums, des hohen Marktanteils und des noch höheren Verkaufserlöses, wenn sie denn von einem der Großen geschluckt werden. Schon mal durchgerechnet?
Wir konzentrieren uns lieber auf den Kunden, anstatt auf Exit-Kalkulationen.

Ständig über 10.000 Uhren verfügbar. Vom Hersteller, von Händlern oder von privat.

Ich kann mir vorstellen, dass Ihr Erfolg bei der Swatch-Group, Richemont oder LVMH unbemerkt blieben. Warum nicht den kompletten Onlinehandel für die Luxuskonzerne organisieren, statt mit ihnen zu konkurrieren?
Wir sind offen für Kooperationen mit den großen Playern der Luxusbranche, die allerdings noch sehr traditionell tickt. Interessant für die Konzerne ist vor allem der Verkauf von Certified Pre-Owned Modellen über unseren Shop, also Uhren aus zweiter Hand. Dennoch steht man dem Onlinehandel noch nicht komplett offen gegenüber. Wir merken, wie sich hier die Strukturen rapide ändern und das Vertrauen in uns wächst. Aktuell arbeiten mehr als ein Dutzend Marken direkt mit uns zusammen und ich glaube, dass wir bald große Kooperationen verkünden können.

180 Mitarbeiter – da stecken viele Menschen hinter dem Online-Handel. Management, Verkauf, Uhrmacher. Sind hohe Personalkosten nicht der Grund für fehlende Rendite? Wie viel Service muss sich ein Uhrenhändler leisten?
Auch das unterscheidet uns von der Konkurrenz. Jeder Mitarbeiter ist Teil von unserer Mission, die größte Plattformen für Luxusuhren und zugleich die entspannteste Option zu sein, eine Luxusuhr zu kaufen oder zu verkaufen: Unsere menschliche Uhrenexpertise schafft Vertrauen beim Kunden. Wir wissen, was es heißt, in eine hochwertige Uhr zu investieren und begleiten den Kunden durch den gesamten Entscheidungsprozess – und darüber hinaus, falls notwendig. Das ist nicht nur für den Kunden wichtig, sondern auch der einzige Weg, um echte Kompetenz in-house aufzubauen. Sie können so viele Daten haben, wie Sie wollen, aber menschliche Kompetenz ist immer noch entscheidend.

Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen: Wenn Sie sich eine 16520 Rolex Daytona ansehen, die zwischen 1987-2000 mit einer einzigen Referenz hergestellt wurde, aber innerhalb derselben Referenz haben Sie mehrere Zifferblattvarianten, können sich diese Varianten in einer Preisspanne zwischen 15.000€ und 50.000€ bewegen – oder sogar mehr. Für einen Algorithmus ist die Referenz die gleiche, weshalb man Experten braucht, um sie zu unterscheiden.

CHRONEXT Boutique in Berlin

Aus Online wird Offline: Sie haben „Chronext-Lounges“ in einigen deutschen Städten, aber auch in London, Maastrich oder Hongkong eröffnet. Wird der Shop sesshaft? Ist das der Einstieg in den stationären Handel, den Sie zuvor erfolgreich verdrängt haben?
Wir planen nicht, den Einzelhandel zu verdrängen. Allerdings gehen auch wir davon aus, dass sich der Einzelhandel verschiedenster Branchen stark verändern wird, diese Entwicklung lässt sich nicht aufhalten. Die Verbindung aus online und offline macht uns aus, wir schlagen die Brücke zwischen den Marken, dem Handel und dem Konsumenten, bilden quasi den zentralen Knotenpunkt als globale Handelsplattform. Online und offline, neu und gebraucht. Dazu gehören auch unsere Pick-up Lounges. Während zwei von ihnen, nämlich in London und Berlin, echte Boutiquen sind, öffnen die übrigen Lounges nur nach Terminvereinbarung. Die bestellte Uhr kann zur Ihrer nächstgelegenen Lounge geliefert, dort anprobiert und bei Gefallen vor Ort bezahlt werden. Wir sind mit dieser Strategie keine direkte Konkurrenz für die Juweliere.

Bleiben wir beim stationären Handel, der Sie zum Staatsfeind Nr.1 ernannt hat. Wie groß ist Ihr Anteil am Niedergang des traditionellen Familienbetriebes in der Fußgängerzone?
Ich glaube nicht, dass wir der Staatsfeind Nr.1 sind. Unser Geschäftsmodell ist kein disruptives, wir erfinden das Rad nicht neu, sondern entwickeln den Markt weiter. Ich weiß, dass E-Commerce für die meisten Einzelhändler nicht funktioniert. Sie haben viele Jahre Erfahrung in der Führung von Einzelhandelsgeschäften und wissen genau, was sie tun. Wir werden nie so gut darin sein, wie sie es sind, wenn es um die Führung von lokalen Geschäften geht. Aber auch E-Commerce ist eine Kunst: Einzelhändler sollten uns nicht als Konkurrenz sehen, sondern als Experten für E-Commerce und den richtigen Partner hierfür. Das macht sie unabhängiger von den Marken und eröffnet ihnen zusätzliche Umsatzmöglichkeiten.

Hier in Deutschland arbeiten wir mit einer steigenden Anzahl an Händlern mit Trade-In-Programmen: Kunden können mit einer gebrauchten Uhr in die Boutique des Händlers gehen und eine neue Uhr kaufen, die Alte dabei in Zahlung geben. Der Einzelhändler möchte diese Uhr eigentlich nicht in Zahlung nehmen, weil er keine Vertriebsmöglichkeit dafür hat. Also geben wir ihm diese Möglichkeit an die Hand. Wir ermitteln innerhalb Minuten, nachdem die Uhr in das entsprechende, von uns bereit gestellte Onlinetool vom Händler eingepflegt wurde, den richtigen Preis. Dieser Preis zahlt der Händler vor Ort dem Kunden aus oder verrechnet ihn mit der neuen Uhr. Danach verkauft der Händler die gebrauchte Uhr an uns weiter. Somit ergibt sich eine neue Einnahmequelle für den Handel.
Einzelhändler könnten selbst versuchen, im E-Commerce Fuß zu fassen, aber wir sind besser darin. Die gesamte Größe und Expertise, die wir haben, ist keine Kernkompetenz der meisten physischen Einzelhändler, und es wird unglaublich teuer und schwierig sein, sie selbst aufzubauen.

Nicht nur die betroffenen Konkurrenten fragen sich, woher Sie denn Ihre zigtausend Uhren beziehen, die ständig im Angebot sind.
Ständig gelistet sind 10.000 Uhren in unserem Shop, die wir von einem globalen Händlernetz, aber mittlerweile auch direkt von einigen Marken beziehen. Sie haben vorhin unsere Anzahl an Mitarbeitern angesprochen: Wir arbeiten kontinuierlich daran, unser Netzwerk weiter auszubauen, was dank unserer weltweit verteilten Mitarbeiter gut gelingt. So können wir die hohe Anzahl an gelisteten Uhren erklären. Darüber hinaus verkauft eine steigende Anzahl an Privatpersonen ihre Modelle aus zweiter Hand an uns.

Was ist eigentlich das bessere Geschäft? Der Handel mit neuen Uhren direkt vom Hersteller oder der Wiederverkauf gebrauchter Uhren aus privater Hand? Wie verteilt sich beides auf den Umsatz?
Gebraucht Luxusuhren haben eine attraktivere Marge, erfordern aber auch mehr Zuwendung vor dem Verkauf.
Dem typischen Kunden, der eine Luxusuhr kaufen möchte, kommt eine gebrauchte Uhr oft nicht in den Sinn. 99% der Uhren, die Sie im Einzelhandel wahrnehmen, sind neue Modelle. Dabei erkennen Sie oft nicht den Unterschied zwischen einer neuen Uhr und einem Modell aus zweiter Hand, das unsere Uhrmacherwerkstatt durchlief – und noch dazu handelt es sich um den besseren Deal.

Sofort verfügbar – wenn auch „leicht über Liste“

Die Konkurrenz wirft Ihnen onlinetypische Dumpingpreise vor, immerhin werben Sie auf der Startseite mit bis zu 40% Rabatt. Auf der anderen Seite findet sich im Angebot die aktuelle Rolex GMT Pepsi für das Doppelte des Listenpreises…
Wir sind kein Preisführer, sondern reflektieren das Preisniveau von der jeweiligen Referenz online und offline. Preise von Uhren sind eine Reflektion von der jeweiligen Distribution der Marke und wie viel Bestand es auf dem Markt gibt. Wir sind viel zu klein um Preise in die eine oder andere Richtung in diesem Markt zu trieben.

Chronext, so kann man nachlesen, hat 16 offizielle Partner von Seiten der Uhrenhersteller. Offiziell genannt wird keiner. Ist das eher Diskretion oder Verleugnung aus den Reihen der Hersteller? Sie selbst sprachen einmal davon, dass es eine große Diskrepanz zwischen den Statements der Hersteller gegenüber den Konzessionären und den Verhandlungen in den Besprechungsräumen gäbe.
Wir sind sehr flexibel im Umgang mit Marken und dabei nicht dogmatisch. Unser Ziel ist vielmehr, der beste Freunde der Uhrenindustrie zu sein. Wenn eine Marke will, dass wir nur gebrauchte Uhren verkaufen, können wir das tun; wenn sie wollen, dass wir neue Uhren verkaufen, werden wir auch das versuchen.
Unser Ziel ist, ein wichtiger Partner für die Uhrenmarken zu werden – ob wir dabei als Konzessionär auftreten, ist uns nicht wichtig.

Nun wollen auch die Big Player des Uhrenvertriebs, die bekannten Luxus-Filialisten eigenständig in den Onlinehandel einsteigen. Eine ernsthafte Konkurrenz oder doch nur Schadensbegrenzung?
Wir nehmen alle Konkurrenten ernst, aber sind auch sicher, dass wir auf einem guten Weg sind, die Nummer 1 im Onlinehandel zu werden.

Auch die großen Hersteller versuchen es online. Wie wird sich der Internet-Markt zwischen Hersteller, Konzessionär und einem markenunabhängigen Shop wie dem Ihren entwickeln?
Diese Pläne gibt es, die Hersteller und Filialisten erkennen aktuell allerdings auch, dass sie nicht alles eigenständig abbilden können: Selbst große Manufakturen sind offen für die Zusammenarbeit in Joint Ventures oder Franchises, dasselbe gilt für gebrauchte Uhren. Langfristig werden Marken mit Spezialisten wie uns zusammenarbeiten.

Wir haben, neben der menschlichen Expertise, eine enorme Anzahl an Daten. Wir erheben regelmäßige Kundenumfragen und kennen das Suchverhalten unserer User. Wir wissen, in welchen Regionen man sich für welche Marke und sogar für welches Modell interessiert. Wir wissen, was Männer und was Frauen kaufen, wie sich der Gebrauchtuhrenmarkt entwickelt und noch so vieles mehr. Bestimmte Hersteller haben bereits Schwierigkeiten, genügend Uhren zu produzieren – wie sollen sie da noch Uhrmacher für den Service an der Uhr abstellen?

Was ist Ihrer Meinung nach die größte Herausforderung des Uhrenhandels, egal ob on- oder offline in den nächsten 5 Jahren?
Ein Zeitgemäßes Kauferlebnis, das Online und Offline Handel verknüpft.

Welches wäre der größte Fehler, den man als Händler machen kann?
Nicht flexibel zu bleiben und sich zu stark nur auf online oder nur auf offline zu konzentrieren, ohne die Entwicklung des Marktes mitzugehen.

Wenn Sie nicht im Uhrenbusiness gelandet wären, dann wären Sie jetzt:
Der Gründer eines anderen Unternehmens

Welches berufliche Ziel möchten Sie unbedingt noch erreichen?
CHRONEXT über die 500€ Millionen Umsatzschwelle bringen.

Welche nicht tickende Passion begeistert Sie?
Das Laufen

Noch irgendwelche berühmten letzten Worte?
Wir kaufen gerne auch Ihre Uhren an

Herzlichen Dank.

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In der Reihe „Die Uhrenbeweger“ interviewe ich – meist per Fragebogen – Menschen, deren berufliches Leben eng mit dem Thema Uhr verbunden ist. Entscheider/innen aus der Uhren-Industrie und dem Uhren-Handel, Uhrmacher, Designer, Sammler und andere Verrückte.

Fragen und Antworten werden von mir unkommentiert veröffentlicht. Ich werde für keinerlei Leistungen im Rahmen der Veröffentlichung bezahlt, weder für die Abbildung von Produkten oder Marken, noch für die Verlinkung zu dem Unternehmen des Interview-Partners. Fotos: Chronext.
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6 Comments

  1. Chris sagt:

    Aus meiner Sicht sehr viel heiße Luft ala Politikersprech! … und viele vage Aussagen.

    Kaufe seit 30 Jahren beim Konzessionär… Preis/Leistung für das „Einkaufserlebnis“ Gespräche mit dem Uhrmacher sowie allgemeine Serviceleistungen sind top…. und es gibt den „Heißen Scheiss“ zum Listenpreis … Manchmal mit etwas Wartezeit … der echte Liebhaber wartet … so einfach ist das ..

  2. Frank sagt:

    Wow! Was für ein riesiges Interview – das könnte mancher Schelm gemessen an den restlichen Vorstellungen glatt als Werbung verstehen 😉
    „Transaktional“, „Player“, „in Camebridge studiert“, vernünftige Uhr ab 2500 Euro, da wunderts mich direkt, dass bei den Bestsellern auch eine „billige“ Tangente dabei ist. Vermutlich hab ich deshalb noch nie bei Chronext gekauft, weil ich einfach zu „ordninary“ und mittellos für eine „5513“ bin, die jeder Uhrenfan in der Sammlung haben sollte => Gordon Gecko goes watches… Nix für mich, weil irgendwie zu aalglatt und abgehoben – sorry.

  3. H.-J. B. sagt:

    „Wir kaufen gerne auch Ihre Uhren an“.

    Kompliment oder Angebot? Oder beides? Ich hoffe, Sie bewahren sich Ihre Unabhängigkeit und lassen sich von der Krake nicht schlucken, Herr Strohm.

  4. Antje sagt:

    Danke Bernhard
    Oh ja der Weg zum Einhorn ist lang.
    Mir fehlt im Text das Gefühl von echter Uhrenliebe.

    • Frank sagt:

      Hallo Antje, mir auch. Irgendwie sausen mir da der ROI und sonstige Kennzahlen zu deutlich im Vordergrund herum. Dass ein Unternehmen Geld verdienen muss und will, ist klar, aber der kommt mir irgendwie zu Gordon Gecko-mäßig rüber.Nix für ungut.

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