Über Referenzen, Serien und Kaliber.

Zahlen bitte!

Kommt Ihnen folgender Dialog bekannt vor?

A: Ich hab mir eine Omega gekauft.
B: Welche?
A: Eine Seamaster
B: Schön, welche?
A: Die 300M
B: Aha, welche?
A: Den Chronographen
B: Welchen?
A: Am Stahlband
B: Perfekt, welchen?
A: Mit dem schwarzen Blatt
B: Cool, wie alt?
A: Neu
B: Kenn ich nicht…ich trag nur Vintage-Tudor.

Von den Tragegewohnheiten abgesehen, hätte der Käufer der Omega nur eine Zahl nennen müssen und alle Fragen wären überflüssig. Die Zahl nennt sich Referenznummer und die ist bei diesem Modell die 210.30.44.51.01.001.
Ich gebe es zu, hätte der stolze Neubesitzer den Dialog mit „Ich habe mir eine 210.30.44.51.01.001. gekauft!“ begonnen, wäre selbst ein eingeschworener Omega-Liebhaber etwas überfordert gewesen. Unser Tudor-Fan hätte wohl eher mit einer Aussage etwas anfangen können, wie man sie oft in entsprechenden Foren liest: „Suche 1992er Tudor 79170 mit dem 7750er am Oyster78360 und den 589er Endlinks. Bitte nur LC100 anbieten.“

Da ist wirklich alles drin: Referenz, Kaliber, sogar zwei Seriennummern. Uhrenverrückte lieben Zahlen, das hört sich so schön kompetent an und grenzt ganz nebenbei auch vom Otto Normaluhrenbesitzer ab, dem bei der Frage nach dem Kaliber ein entsetztes „Wie…kann die Uhr auch schießen?“ entfährt. Grund genug, dass wir uns heute einmal mit diesen Zahlen befassen, die eine Uhr unverwechselbar machen, aber genauso verwirrend sind und zu oft fehlerhaft benutzt werden: Die Referenz, die Seriennummer und das Kaliber.

Die Referenznummer

Ich formuliere es mal anhand eines Beispiels: Wäre die Uhr ein Auto, würden wir von der Typenbezeichnung reden, bei anderen Produkten vielleicht von der Bestellnummer. Die Referenznummer bezieht sich auf die Uhr als Ganzes, definiert dabei aber jedes einzelne Bauteil wie Gehäuseform und -größe, Material, Antrieb, Zifferblatt etc. Da bei den neueren Modellen fast jede Kombinationsmöglichkeit der einzelnen Baugruppen möglich ist, wird in den letzten Jahren auch die Referenznummer immer länger.
Waren in den Anfangsjahren die Referenzen einer Rolex Submariner noch vierstellig, wurden sie ab Mitte der Siebziger fünf- und ab ca. 2000 dann sechsstellig. Zuzüglich verwirrender Buchstabenkombinationen. So trägt die seit 1982 im Sortiment befindliche „Rolex GMT-Master II“ (dies ist der Name, keine Referenz) in der neusten Version z.B. die Nummer 126710BLRO.

Die Buchstabenkombination „BLRO“ definiert die Lünettenfarbe „Bleu-Rouge“, blau-rot, oder kurz „Pepsi“ genannte. Vor allem Rolex-Jünger geben allen Kindern einen besonderen Namen. „Pepsi“ wegen der früher von dieser Softdrink-Marke genutzten Farbkombination blau-rot. Die bei einigen Referenzen mögliche Kombination schwarz-rot wird dementsprechend als „Coke“ abgefeiert.

Bei den Submariner-Modellen gibt es die Buchstabenfolgen „LV“ (Lunette verte) mit grüner Lünette, oder „LN“ oder „LB“ für das französische schwarz bzw. blau. Bei der Milgauss bedeuten dementsprechend GV oder GB ein grünes oder ein weißes Glas.
Die bei Sammlern häufig benutzten Zusätze „BD“ (Black Dial) und „WD“ (White Dial) für ein schwarzes oder weißes Zifferblatt, sind keine offiziellen Bestandteile einer Referenz – wenn auch ein praktischer Hinweis. Die letzte Zahl der sechsstelligen Nummer definiert das Gehäuse- und Bandmaterial. Die gängigsten neben Edelstahl (0) sind dabei die 3 (bicolor) oder die 8 für 18k Gelbgold.

Omega macht es heute eindeutiger und damit auch komplexer. Die oben schon genannte Referenznummer teilt einzelne Zahlenkolonnen durch einen Punkt und bildet so sechs Grundinformationen ab. Bei der Referenz 210.30.44.51.01.001. ist das

  • 210 – Modell
  • 30 – Material Gehäuse und Armband (hier Edelstahl)
  • 44 – Durchmesser Gehäuse
  • 51 – Uhrwerk
  • 01 – Zifferblatt
  • 001 – Folgenummer

Die Konsequenz aus dem oben geschriebenen ist, dass zwei Uhren ein und derselben Referenz in allen Teilen baugleich sind, sie unterscheiden sich nur durch die Seriennummern.

Die Seriennummer

Ähnlich wie beim PKW ist die Seriennummer die Individualkennung einer einzelnen Uhr. Diese Nummer ist zu Kontrollzwecken meist gut sichtbar an der Uhr angebracht bzw. graviert. Gerne auf oder im Gehäuseboden oder an der Rückseite der Hörnern, wie bei Omega. Rolex gravierte die Serien- und Referenznummer bei älteren Modellen zwischen die Hörner (Bandstege), sodass sie erst nach Demontage des Bandes zu erkennen waren. Heute ist die Seriennummer gut sichtbar bei den meisten Modellen auf der Rehaut (dem inneren Lünettenring) ablesbar.

Die Seriennummer gilt (anders als die Referenz) nicht für die gesamte Uhr. Alle wichtigen (und austauschbaren) Bestandteile werden mit einer eigenen Seriennummer versehen, dazu gehören auch das Stahlband, die Endlinks (abnehmbare Anschlussteile des Bandes am Gehäuse) oder die Schließe.
Nur eine passende Kombination („Match“) aller Seriennummern der Bestandteile macht eine Uhr in der Gesamtheit authentisch.

Das Kaliber

Diese Zahlen / Buchstabenkombination bezieht sich ausschließlich auf das verbaute Werk in der Uhr. Der Begriff des „Kalibers“ hat eigentlich zwei Bedeutungen:

  1. Werkgröße / Durchmesser
  2. Herstellercode des Werkes

Umgangssprachlich wird vor allem die zweite Bedeutung benutzt, die herstellerbezogene und von ihm frei wählbare Bezeichnung des Werkes. Dabei unterscheiden wir zwischen Basis- und Herstellerkaliber. Produziert der Uhrenhersteller keine eigenen Werke (aus Kostengründen), kauft er sich ein Werk eines Lieferanten ein, wie z.B. ETA, Sellita, Ronda oder Lemania. Dieses Werk kann er dann modifizieren oder verschönern und vor allem: seinen eigenen Namen einprägen. So wird aus einem Massenprodukt „ETA 7750“ gerne mal ein „Marke 01“.

Nichts davon sagt etwas über die Qualität oder die Seriosität eines Uhrenherstellers aus. Es kann halt nicht jede kleinere Marke Millionen in die Entwicklung eines eigenen Werkes (es hieße dann Manufakturwerk) stecken. Das bedeutet also: dasselbe Kaliber kann in verschiedenen Referenzen eines Herstellers verbaut werden. Aber in einer Referenz kann immer nur ein Kaliber stecken. Können Sie mir noch folgen? Das waren Sie also, die drei wichtigen Zahlen, die Sie bei Ihrer Uhr kennen sollten. Und die vor allem in den Papieren eingetragen sein müssen – zumindest die Referenz und die Seriennummer. Wie beim Auto halt.

Und nein: Der Ländercode ist keine wichtige Nummer…wirklich nicht…egal wie oft das die „Uhren-Experten“ auch behaupten!

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