Die Seamaster – eine Omega, die richtig Wellen macht
Ich sammle jetzt Uhren seit über 35 Jahren. Einigen Marken und Modellen aus der Anfangszeit bin ich treu geblieben: Junghans, Omega, BWC. Andere sehe ich eher als Jugendsünde, die ich aus qualitativen und geschmacklichen Gründen erfolgreich verdrängt habe. Und damit meine ich nicht meine ersten Plastik-Swatches.
Und dann gibt es Modelle,, denen ich mich in den ersten 30 Jahren verweigert habe. Der Geist war stark, aber das Design war schwach. Nicht mein Ding. Hat mir gar nicht gefallen. Warum bauen die eigentlich so ein Modell? Ich rede von der Omega Seamaster 300M, von vielen auch Omega „SMP“ genannt, oder (nicht ganz korrekt) „die Bond-Uhr“.
Eine eingedellte Lünette umrahmt das Zifferblatt mit einem Wellenmotiv, das jedem Seepferdchenabzeichen-Träger zur Zierde gereicht. Das Ganze wird am Handgelenk gehalten von einem Achtzigerjahre-Stahlband, das – wäre es eine Schrankwand – ein herausragendes Beispiel für Gelsenkirchener Barock wäre. Das ist ja wohl nichts für den Herrn Strohm, redete sich Selbiger über Jahre ein. Erfolgreich.

Wir werden keine Freunde mehr, das Stahlband und ich.
Die Wende kam vor ca.5 Jahren, als mir einer meinem Sammlerkollegen seine „Vintage SMP“ als Anzahlung in den Briefkasten zwang. Die drei großen „W“: Wasserblau, Welle, Vanille. Damit war nicht die Geschmacksrichtung des Werks, sondern die Färbung der Leuchtmache (die diesen Namen nicht mehr verdiente) gemeint. Als ich sie ans Handgelenk legte, war das Eis gebrochen. Als ich sie mit einem passenden Leder bekleidete, war mein Herz erobert. Ausnahme: das Stahlband, das hat es immer noch bei mir verschissen.

Meine erste 300 M
Eins muss ich wirklich zugeben, es gibt kaum eine Uhr in dieser Größe (42mm), die sich so perfekt trägt. Und wer es richtig eng (am Handgelenk) mag, der belohnt sich selbst mit einem netten Seepferdchen-Relief – dem Abdruck des Uhrenbodens. Und wie das bei der Familie Omega so üblich ist, kann man sich über die Jahrzehnte an Dutzenden Variationen zum Thema „300M“ erfreuen. Als Fotograf kann man sich nicht satt knipsen an den Wellen des Zifferblatts, als Uhrensammler an der Vielfalt der Lünetten und Funktionen.
Seit dem Jahr 1993 bewohnt das Automatikwerk (die Quarzvariante bleibt hier unberücksichtigt) das gezeigte Gehäusekonzept der Seamaster. Als Chrono arbeitet ein 1145, in der Dreizeigeruhr ein 1109. Das Kind hieß jetzt mit vollem Namen „Omega Seamaster Professional (daher das SMP) Diver 300 M“. Rein namentlich leicht zu verwechseln mit der Omega Seamaster 300, die optisch so gar nichts mit dem Diver zu tun hat.

Andere Zeiger, andere Uhr, die Seamaster 300
So sind viele SMP-Modelle gekommen und gegangen, haben mir und ihren neuen Besitzern viel Freude gemacht, vor allem, wenn ich zum Thema Armband so richtig vom Leder ziehen durfte. Die 300 M kann wirklich vieles tragen.

Taucher an Leder? Geht!
Nicht umsonst gibt es sie ab Werk auch an Kautschuk oder NATO. Wobei mir die Geschäftspolitik gerade das Nylonband betreffend extrem gegen den Strich geht. Liebe Freunde des gepflegten Tauchers, die Ihr eure Uhren von Biel aus in die Welt exportiert: 150 Euronen für ein buntes Streifchen Kunstfaser, das ich bei jedem Online-Händler für ein Zwanzigstel bekomme? Zugegeben nicht mit dem Omega-Schriftzug auf dem Weichblech-Keeper. Aber müsst ihr euch wirklich am Zubehör gesundstoßen?
Seit 1995 trägt auch ein gewissen Herr Bond, James Bond (oftmals nur noch) den Taucher am gestählten Agentenkörper. Die 007-Sondermodelle glänzen immer durch ihre Limitiertung, wesentlich seltener durch gelungenes Zifferblatt-Design. Erfolgreich sind sie allemal und zwischenzeitlich ein eigenes Sammelgebiet für den wasserdichten Herrn.

Nicht jedes Zifferblatt ist gelungen. Zum Glück ist diese Bond Edition limitiert. (Foto:Omega)
Nicht in Weißgold, sondern in schwarzem Lack glänzt das begehrte Sammlerstück mit der Referenz 300.225.450, das von meinen Kunden immer wieder nachgefragt wird, was vielleicht auch an den heute nicht mehr verbauten „Schwertzeigern“ liegt.
Besonders edel kam die Variante „America’s Cup“ daher, die sich eine Weißgold-Lünette gönnte, und wen wunderts, besonders den Seglern gefallen konnte. Besonders großflächige Leuchtmasse auf fetten Indizes machten sie auch bei Nacht und Nebel, Wind und Wellen besonders gut ablesbar.
Apropos Wellen: Derer hatte man vor gar nicht allzu langer Zeit genug bei Omega und so wurden die Zifferblätter glattgebügelt. Dies wiederum ließ die nicht mehr vorhandenen Wellen bei den Kunden höherschlagen, was zu einem Comeback der Wogen auf den meisten Modellen führte.

Es gibt sie auch ohne Welle, aber fehlt dann nicht was?
Die Seamaster GMT, genannt „Great White“ kommt mit blütenweißem Wellenzifferblatt daher. Bei der relativ seltenen Version des Erfolgsmodells kann auch eine zweite Zeitzone eingestellt werden. Die OMEGA Seamaster Professional GMT Automatik hat erwachsene 41mm. Die Herrenuhr mit weißem Wellenziffernblatt ist nicht selten an den Handgelenken der Damen zu finden, weil sie einfach eine sportliche Figur macht und sich sehr angenehm tragen lässt.
Eine wirkliche Ausnahmeerscheinung ist die Seamaster „Apnea“, deren besondere Anzeigenform es Freitauchern (also ohne Sauerstoff) ermöglicht, auf einen Blick die abgelaufene Tauchzeit abzulesen. Ein System, bestehend aus sieben Kreisen, verändert die Farbe jeder abgelaufenen Minute. Auch in großen Tiefen und bei schlechten Sichtverhältnissen erkennt der Freitaucher, wie viel Zeit er bereits unter Wasser ist. Nach sieben Minuten beginnt die Funktion von vorne. Dieser im Sommer 2003 lancierte Taucherchronograph wurde von Omega in Zusammenarbeit mit dem bekannten Apnoe-Taucher und Weltrekordler Jacques Mayol entwickelt. Die Lebensgeschichte dieses außergewöhnlichen Mannes, der als Erster ohne Atemgerät mehr als 10 atm erreichte, und sein Wettstreit mit seinem ehemaligen Jugendfreund Enzo Maiorca diente auch als Grundlage des Kultfilms „Im Rausch der Tiefe“. Bei den Dreharbeiten fungierte Mayol als Berater. Auf dem verschraubten Boden der Uhr ist der Name von Jacques Mayol und eine stilisierte Darstellung von Mensch und Delphin aufgeprägt.
Wer mit einem kräftigen Handgelenk ausgestattet ist und auf Masse Und Klasse steht, dem rate ich zu den Chronographenversionen der 300 M. Gefühlt doppelt so fett wie der Dreizeiger ist der Chrono ganz weit vom Begriff „unisex“ entfernt. Hier hilft die Uhr noch beim Aufbau der Armmuskulatur und beim Auffallen um fast jeden Preis.
Die „SMP“ ist aus der Omega-Familie nicht mehr wegzudenken, wenn auch so manches (neuere) Modell geschmacklich und vor allem preislich überzieht. Sie ist eine fantastische Trageuhr für Liebhaber, aber noch sehr weit vom Legenden-Image einer Submariner entfernt. Doch ein wenig Understatement passt zur Marke und auch zu manchem Träger, die eher Wellen tragen wollen, als sie zu machen.