Rolex jetzt mit eigenen Strand-Konzessionären

„Wir müssen uns den Strand als Verkaufsfläche zurückerobern!“, „Back to the Beach!“. Solche und ähnlich kämpferische Parolen waren in diesem Jahr auf der Baselworld zu hören. Ort des Geschehens: Halle 1, im erstmals ausgebauten und streng geheimen Kellergeschoss des Rolex-Standes.
Ein kleiner Kreis von Sales-Managern, Marketingstrategen und High Society Experten der „Gunter Sachs Saint Tropez-Academy“ trafen sich mit dem Kronen-CEO „JFD“ (Name, aber nicht die Schreibweise, der Redaktion bekannt) in konspirativen Meetings, deren Ergebnis wohl die Welt des Uhrenverkaufens auf den Kopf stellen wird.
Fakt ist, dass von den jährlich mehreren Millionen verkauften „Rolex“ bekanntlich nur ein Bruchteil aus der Schweiz stammen – und damit das Prädikat „echt“ tragen dürfen. Die Asiaten überschwemmen den Markt mit mehr oder weniger guten und erkennbaren Fakes, die bewusst oder unbewusst an den Handgelenken auch deutscher Kunden baumeln.
„Natürlich ist das Internet Hauptumschlagplatz für Rolex-Fälschungen“, so ein Insider aus Genf, dem Hauptsitz der Kronen-Schmiede. „Ein Markt, den wir weder überschauen noch kontrollieren können. Aber immer noch wird ein nicht unerheblicher Teil an Uhren an den schönsten Plätzen Europas gehandelt.“ Gemeint sind damit die weißen Strände unseres Kontinents.

Welcher Urlauber kennt sie nicht, die verharmlosend „Strand-Konzi“ genannten fliegenden Händlern an den Meeresufern zwischen Ballermann und Benidorm. Deren Warenangebot reicht von „Gutschi“-Gürteln über gefakte Sonnenbrillen bis hin zu den goldigen Strandtüchern von „Herpes“. Und immer wieder Uhren, hauptsächlich Rolex, die mit unschlagbaren Argumenten an den Mann und die Frau und das dritte Geschlecht gebracht werden. „Naiss Praiss – haaf Praiss“ schallt es aber auch über die gepolsterten Luxusliegen der Cote d‘Azur oder der Costa Smeralda. Auch in den Hotspots der Reichen und Schönen wird die Champagnerlaune der ahnungslosen Käufer mit Versprechungen und „wiss full Gäräntie“ ausgenützt. Umso länger sind die Gesichter, wenn sich der befreundete Juwelier auf der Kö weigert, die Batterie in der am Strand erworbenen Daytona zu wechseln.

Ich traf mich im Rahmen der Baselworld mit dem Mann, der von vielen als neuer „Directeur des ventes de la plage“ im Hause Rolex gehandelt wird und für die Rückeroberung der Strände verantwortlich sein wird. Paul-Jean, dessen richtigen Namen Jean-Paul ich nicht nennen darf, kommt bei unserem konspirativen Kaffee am Stand der „Splendor SA“ (welcher Ort könnte unauffälliger sein) direkt zur Sache: „Wir sehen doch, dass die betuchte Klientel im Urlaub am Strand für den Kauf von hochwertigen Uhren offen ist. Gleichzeitig erlauben wir ihnen  nicht, in Badehose und Bikini die edlen Boutiquen an den Promenaden zu betreten. Die logische Konsequenz: Wir schicken unsere eigenen Konzessionäre dorthin, wo die Geschäfte in legerer Stimmung gemacht werden – an den Strand!“

Man habe diese Expansion von langer Hand vorbereitet, so Paul-Jean, der im früheren Leben für eine bekannte Eismarke arbeitete und somit genügend „Beach-Credibility“ mitbringt. Das Gerücht, dass bereits seit 2017 echte Rolex testweise von sonnengebräunten Mitarbeitern des Hauses an mehreren Stränden als Fake verkauft wurden, möchte er allerdings nicht bestätigen. „Wir haben eine ganz klare Strategie für die ersten beiden Sommer, um einen für die Strandbesucher unbemerkten Wechsel von den dubiosen hin zu den eigenen Strand-Konzessionären zu gewährleisten.“

Die Schweizer geben sich optisch frisch und dem Distributionsort angepasst. Mit „Rolex on the beach“ wird eine Sub-Brand platziert, unter der erfolgreiche Modelle im „Minimal Set“ angeboten werden. „Wir müssen den Käufern das bieten, was sie gewohnt sind, nicht weniger, aber auch bitte nicht mehr!“ Die  Modelle haben den Zusatz „NBNP“, was so viel bedeutet wie „No Box, no Paper“, der bei Strand-Deals übliche Lieferumfang. Auch soll die erste Serie von Uhren in der Qualität den bisherigen Strand-Fakes angepasst werden. „Wir experimentieren zur Zeit mit billigen China-Werken, einfachen Gläsern und scharfkantigen Gehäusen“, so Paul-Jean, der sich aber auch für Kooperationen offen zeigt: „Warum nicht einen Multi-Brand-Konzi losschicken, auch das am Strand keine Seltenheit. Neben Uhren von Rolex können Brillen von Ray Ban oder Handtaschen von Louis Vuitton angeboten werden. Alle diese Marken haben ein ähnliches Problem – der Strand gehört bisher den Fälschern!“

Das Casting für den seriösen Strand-Konzi läuft.

Die erste Lizenz sei vergeben, so mein Informant bei seinem vierten Kaffee. Im Sommer 2019 bekommt der berühmte „Nikki Beach“ in Saint Tropez als ersten Strandclub der Welt einen eigenen Rolex Strand-Konzessionär. Unter dem Codenamen „Adonis“ starten gerade die Vorbereitungen für die Markt- besser gesagt: Strandeinführung. Momentan läuft noch das Casting für die Mitarbeiter/innen. Die Arbeitskleidung ist konsequent an die Location angepasst: Badekleidung und FlipFlops, dazu das obligatorische Badetuch, das gleichzeitig auch Präsentationsfläche sein wird.

Hierzu verrät Paul-Jean: „Wir werden auf sperrige Displays und Vorlegetabletts verzichten. Der Kunde kann die Uhren lässig auf seiner Liege oder an der Strandbar anprobieren.“ Dabei sei es wichtig, dass er vom Verkäufer pausenlos und in schlechtem Englisch vollgelabert wird. „Wir passen uns den bisherigen Verkaufsgesprächen an.“

Die Submariner NBNP – einmal ohne alles

Einzig die Preispolitik sei noch offen, so mein Informant. Es gäbe im Hause Rolex sogar die Befürworter einer „first cheap, than expensive“-Strategie, die mit Preisen für eine „Submariner NBNP“ von 120,- bis 150,- Euro starten möchten. Im Laufe der Jahre sollen dann die Preise auf das Niveau des stationären Handels angehoben werden. Ob sich das alleine durch einen erfolgreichen Verdrängungswettbewerb an den Stränden dieser Welt rechnet bleibt zu bezweifeln. Die Expansionspläne hingegen stehen. Nach Saint Tropez sollen die Sandburgen von Ibiza und Mallorca, Sardinien und den griechischen Inseln eingenommen werden. In Sylt wird es eine Kooperation mit der „Sansibar“ geben, das Unternehmen verspricht sich viel von der Kombi „Explorer/Currywurst“.

Die größte Herausforderung sehen die Schweizer in der Rückeroberung von Badebuchten in der Türkei. „Eine echte Rolex am Strand von Antalya zu verkaufen, das ist wohl die Königsdisziplin für jeden Strandkonzi!“

15 Comments

  1. Udo Rettner sagt:

    ….einfach köstlich, hab ich gelacht…

  2. Rene sagt:

    herrlich! Ich danke von ganzem Herzen. Der beste Artikel an diesem so scherzfreien Tag! Ich warte dann auf die FlipFlops im Shop, Herr Strohm. Was ist letzte Preisss? 🙂

  3. a g sagt:

    Hat Rolex sich eigentlich geäußert ob slch ein StraKo (Strand-Konzessionär) für die daheimgebliebenen auch am Bodensee niederlässt?

    Vorstellbar wäre auch ein abdecken der örtlichen Baggerseen; hier könnte man zumindest den bisherigen StraKos zuvorkommen und einen neuen Markt als Erster erschliessen.

  4. Lutz sagt:

    Hab schon die Bezugsquelle für die tollen Accessoires gesucht!
    Wo kann ich bestellen?
    Bei Ihnen per E-Mail ?

    Super Idee der Weltmarke Rolex, jede Strandnische muss besetzt werden!

  5. Björn Kahoun sagt:

    Sensationell! Danke, Herr Strohm.

  6. Thomas sagt:

    Knallhart recherchiert.
    Herrlich, einfach nur herrlich 👍👍, da fängt der Montag doch schon sehr vergnüglich an.

    Ich könnte eine Wette eingehen, das Strandtücher, Flip-Flops und Shorts mit dem Rolex-Logo reißenden Absatz finden werden.

  7. Antje sagt:

    Hallo Bernhard
    Wie immer einfach nur knallhart Recherchiert top.
    Hätte mich aber dennoch über ein Foto der tatsächlich existenten Beach Daytona gefreut.
    Gerne auch in der Farbe deiner Wahl.

    Danke Gruß Antje

  8. Manuela sagt:

    Einfach köstlich! 🤣 Ihr Artikel ist der Lichtblick in meinem stressigen Montag!
    Danke

  9. Andreas B. sagt:

    Gerade die Yacht-Master-Modelle eignen sich hervorragend für den Strandverkauf.

  10. Wolfgang Hullin sagt:

    Jetzt kann ich endlich meine Strand-Rolex guten Gewissens ausführen!
    Nur, was mache ich dann mit meinen echten Uhren, werden diese jetzt einen dramatischen Wertverlust erleiden?
    Würden Sie dann eventuell auch eine äußerst gepflegtes Beach-Zeiteisen von mir ankaufen, Herr Strom?

    Ich warte jetzt erst mal ab, was der 2. April für Nachrichten bringt.

  11. Jupp Schmitz sagt:

    Huch – wenn das die Kollegen von LVMH oder Richmont lesen?
    Die haben doch bestimmt schon ähnliche Pläne in den Schubladen (ganz tief hinten) liegen und denken: da war doch ein Whistleblower am Werk!
    Und schon stehen die breitschultrigen Herren mit den Sonnenbrillen und dem Geigenkasten vor der Tür…

  12. Harald Bogner sagt:

    Endlich Mal eine gute Nachricht so kurz nach der Baselworld. Es ist nur zu hoffen dass auch andere Luxus Uhren Hersteller bald tätig werden und uns den langweiligen Strandurlaub versüßen.

  13. THE LLIGHT sagt:

    Für einen Nicht-Aprilscherz ist das aber ganz schön lustig! Ich wette, dass Sie auch schon etwas mit der Teamleadership eines RLX-Salesforceteams in St. Peter Ording liebäugeln, oder?

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