Calibre de Cartier – die Ungnade der späten Geburt.
Wenn man mit Vornamen „Herrenuhr“ und mit Nachnamen „Cartier“ heißt, dann hat man es schwer im Leben und im Verkauf. Oder anders gesagt: Der glanzvolle Name des „Juwelier der Könige“ wirft recht lange Schatten auf die maskuline Uhrenserie des 1847 in Paris gegründeten Schmuckhauses.
Und das trotz der zeitmessenden Meilensteine wie der „Santos“, der ersten wirklichen Fliegeruhr, benannt nach dem brasilianischen Pionier Alberto Santos Dumont. Oder der „Tank“, die 1917 mit ihren massiven Bandanstößen an den englischen Kampfpanzer Mark IV erinnerte.
Große Namen pflastern den horlogischen Weg des Unternehmens. So war Gérald Genta für den Entwurf der „Pasha“ verantwortlich, die selbst in der Herrengröße meist an weiblichen Handgelenken zu finden ist.
Kein Wunder, dass in der geistigen Juwelier-Schublade auch die aktuellen Modelle, wie die hier gezeigte „Calibre de Cartier“ landen. Dort gehören Sie nicht hin, denn wie der Name schon sagt, werden die Uhren angetrieben von einem eigenen Manufaktur-Werk, in diesem Fall das 1904-PS MC. Profitierte Cartier lange Zeit von einer Zusammenarbeit mit Jaeger-LeCoultre, so schalt man bei der Calibre-Serie eigene Entwicklungen ein. Eine Eigenständigkeit, die die Marke selbst vor genau 20 Jahren einbüßte, als sie von der Richemont-Gruppe übernommen wurde. Eine kleine, feine Familie, zu der auch JLC, IWC und A.Lange & Söhne gehört.
Die Modelle Santos, Tank und Pasha sollten eigentlich einen ähnlichen Kultstatus einnehmen wie eine Speedmaster oder Submariner, waren Sie doch teilweise wesentlich früher am Start und sind bis heute in ähnlicher Form in den aktuellen Kollektionen zu finden.
Doch das Haus Cartier präsentiert sich on- und offline mehr als Schmuck- und Accessoire-Dealer, denn als Uhrenmanufaktur. Und die Client-elle ist, wie der Name schon sagt, mehrheitlich weiblichen Geschlechts. Dazu tragen einige Herrenmodelle wie die links gezeigten „Ballon bleu“ oder „Clé de Cartier“ nicht gerade markant-männliche Gesichtszüge. Wollen aber bis zu sechsstellig bezahlt werden.
Meine Calibre habe ich des Hormonschubes wegen an ein Vintageband von MAYS-BERLIN geschnallt und schon sieht die Uhr aus wie Männerspielzeug – trotz des markentypischen blauen Cabochons auf der Krone, der genau genommen ein facettierter blauer synthetischer Spinell ist.
Ein paar Details zur Uhr:
- Calibre de Cartier 42
- mechanisches Manufaktur-Uhrwerk mit Automatikaufzug,
- Kaliber 1904-PS MC,
- Gehäuse aus Stahl, Durchmesser 42mm ohne Krone
- Mehrkantaufzugskrone aus Stahl und mit einem facettierten blauen synthetischen Spinell besetzt,
- versilbertes und teils azuriertes Opalin-Zifferblatt, bei der XII, den Indexen, dem Anzeigenfenster und dem Zähler geprägt,
- äußere Minuteneinteilung mit 4 Leuchtpunkten,
- 7 römische Ziffern und Indexe schwarz gestempelt,
- schwertförmige Zeiger aus schwarz oxidiertem Stahl mit Leuchtbeschichtung,
- Saphirglas,
- Armband aus halbmattem schwarzem Alligatorleder mit verstellbarer Doppelfaltschließe aus Stahl,
- Datumsfenster bei 3 Uhr,
- kleiner Sekundenzähler bei 6 Uhr,
- Saphirglasboden.
- Höhe: 10 mm,
- Dichtigkeit: 3 bar.
Wer die Uhr neu erwerben möchte, muss beim Konzi knapp 7.000,- Euro auf den Glastisch des Hauses legen. Das scheint mir nicht zu viel, wenn ich mir Verarbeitung und Innenleben anschaue.
Der Vorteil für jeden Uhrenliebhaber ist also, dass in diesem Fall eine der bekanntesten Schmuck-Brands der Welt bei den neueren Herrenuhren nicht mit dem Markennamen trumpfen und überteuert anbieten kann.
Schön für den Kunden!
Die gezeigte Uhr ist übrigens käuflich. Zu finden ist sie HIER
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