Thilo Mühle: „Wir müssen unsere Kunden ernst nehmen!“

Er gehört nun wirklich nicht zu den Zugezogenen in Glashütte. Thilo Mühle, in 5. Generation „am Ruder“ der „Nautischen Instrumente Mühle-Glashütte“. Nach der Wende mit zwei Mitarbeitern gestartet, steht der Name Mühle für innovative Zeitmesser und hochpräzise nautische Instrumente. Im Interview reden wir über die Vorteile „vom Dorf“ zu kommen, den Einfluss sozialer Medien und die Weiterentwicklung der eigenen Manufakturlinie.

Thilo Mühle, geschäftsführender Gesellschafter der Mühle-Glashütte GmbH

Zur Person

Name: Thilo Mühle

Jahrgang: 1968

Unternehmen: Mühle-Glashütte GmbH nautische Instrumente und Feinmechanik

Position: Geschäftsführender Gesellschafter

Im Unternehmen seit: 2000

Beruflicher Werdegang

Wenn man zu DDR-Zeiten in Glashütte aufwuchs, wurde man ganz automatisch Uhr- oder Werkzeugmacher. Ich habe nach der Schule eine Ausbildung zum Werkzeugmacher bei den Glashütter Uhrenbetrieben gemacht und bis zur Wende dort auch als Werkzeugmacher gearbeitet. Nach der Wende hat mein Vater unser Familienunternehmen wieder gegründet. Bis ich ins Unternehmen eingestiegen bin, habe ich als Außendienstmitarbeiter für einen Uhren­groß­handel gearbeitet und eine zweijährige, kaufmännische Weiterbildung absolviert.

Ein paar Eckdaten zum Unternehmen

Standort: Glashütte

Gründung: 1869 als „R. Mühle & Sohn“. Seit 1994: Mühle-Glashütte GmbH

Schwerpunkte / zukünftige Ausrichtung: Mechanische Armbanduhren, die sich den nautischen Tugenden der Präzision, Robustheit und guten Ablesbarkeit verpflichtet fühlen.

Und nun zu den Fragen

Was begeistert Sie an Uhren: Das Innere oder das Äußere?

Beides muss stimmen. Wenn mich das Design einer Uhr anspricht, schaue ich mir gerne auch das Uhrwerk näher an.

Ihre erste wirklich „wertige“ Uhr war eine…?

… mechanische Ruhla der Serie „Meisteranker“, die ich im heutigen Uhrenfachgeschäft Hofmann in Glashütte gekauft habe. Sie besaß ein Edelstahlgehäuse mit schwarzem Ziffernblatt und orangefarbenem Sekundenzeiger.

Wie viele verschiedene Uhren tragen Sie regelmäßig?

Dies sind drei Chronographen, jeweils mit schwarzem Zifferblatt: die Germanika I, ein Terrasport I Chronograph und den ProMare Chronograph.

Ihr absoluter Favorit?

Der ProMare Chronograph, den wir im vergangenen Jahr vorgestellt haben. Orange ist einfach meine Lieblingsfarbe.

Welche Aussage trifft auf Sie zu:

  • Ich wähle die Uhr dem Anlass entsprechend
  • Ich wähle die Uhr der Kleidung entsprechend
  • Ich wähle die Kleidung der Uhr entsprechend
  • Ich wähle die Uhr meiner Gemütslage entsprechend, unabhängig von weiteren Faktoren

Fünf Klassiker, die ein Uhrenverrückter in der Schublade haben sollte.

  1. IWC Portugieser
  2. GUB Spezimatic
  3. Rolex Submariner
  4. Omega Speedmaster
  5. A.R. Rescue-Timer

Besitzen Sie eine „billige Urlaubsuhr“? Wenn ja, welche?

Nein. Zwar verbringe ich meinen Urlaub gerne sportlich-aktiv, eine meiner Mühle-Uhren kann ich dabei aber immer tragen.

Welche Ihrer privaten Uhren würden Sie im Falle eines Verlustes am meisten vermissen?

Natürlich würde ich mich sehr ärgern, wenn ich eine meiner Uhren verliere; aber dauerhaft vermissen würde ich sie eigentlich nicht.

Sie tragen Ihre Uhr am liebsten an:

… einem Leder-/Kautschukband.

Braunes Lederband zu schwarzen Budapestern – geht das?

Wenn das übrige Outfit zum Armband passt, warum nicht!?

Bei welchen Gelegenheiten verzichten Sie auf eine Uhr am Handgelenk?

Wenn ich zuhause bin, trage ich gewöhnlich keine Uhr. Spätestens lege ich sie zum Duschen oder Schlafen ab.

Tragen Sie heimlich in der Freizeit Uhren anderer Marken? Und wenn ja, welche?

Pulsmesser und GPS-Sensor finde ich beim Sport sehr interessant. Deshalb trage ich dabei eine Garmin.

Welches Modell eines anderen Herstellers hätten Sie gerne im Portfolio?

Die Lange Zeitwerk mit der digitalen Zeitanzeige ist eine sehr spannende Uhr.

Smart Watch: Ja / nein / heimlich / nicht mehr ?

Nein, neben Smartphone und Notebook brauche ich keinen weiteren Lebensbeschleuniger.

Mechanische Uhren werden jeden Technik-Trend überleben, weil:

… sie ein sehr emotionales Produkt sind.

Ein Familienmitglied wünscht sich von Ihnen eine neue Uhr. Und zwar einen sehr preiswerten Mode-Quarzer. Wie reagieren Sie?

Ein Geschenk soll ja vor allem den Beschenkten glücklich machen … Ich freue mich zwar, wenn ich jemanden mit einer Mühle-Uhr glücklich machen kann, bin aber auch nicht böse, wenn es dazu eine ganz andere Uhr braucht.

Wenn Sie ein nicht uhrenaffiner Freund fragt, wie viel er denn für eine „vernünftige“ Uhr mindestens ausgeben muss, welche Summe nennen Sie?

1.000,- Euro.

Benchmarken Sie bitte folgende Preisregionen für Uhren mit ihrer Obergrenze:

  • Preiswerte Uhr – bis 300,- €
  • Mittelpreisige Uhr – bis 1.000,- €
  • Teure Uhr bis – bis 5.000,- €
  • Luxussegment – ab 5.000,- €

Sie bauen laut Firmenslogen Uhren „Für die, die anders ticken.“ Was ist der eine Punkt, in dem Ihr Unternehmen anders tickt als die Branche?

Seit 1994 bauen wir Uhren für die Berufsschifffahrt und kamen darüber zur Armbanduhrenfertigung. Das authentisch Nautische zeichnet uns aus, inkl. der nautischen Tugenden: gute Ablesbarkeit, Präzision und Robustheit.

Seit über 700 Jahren in Glashütte ansässig und in der fünften Generation in der Uhrenindustrie. War da vor 25 Jahren nie der Wunsch nach einem anderen, zentraleren Standort?

Nein. Hier ist ja nicht nur der Stammsitz unseres Familienunternehmens, sondern vor allem auch unsere Heimat. Wir alle sind quasi mit der Glashütter Uhrenindustrie aufgewachsen. Und so hat mein Vater Nautische Instrumente Mühle-Glashütte ganz selbstverständlich hier in Glashütte gegründet.

Glashütte gilt als Mekka der deutschen Uhrmacherkunst. Es wird langsam eng im Dorf. Was halten Sie als Ortsansässiger von den uhrmacherisch Zugezogenen?

Jedes Unternehmen trägt zum Erfolg des „Dorfes“ bei. Für mich ist es dabei nicht wichtig, welche Uhr aus Glashütte gekauft wird – sondern dass eine Uhr aus Glashütte gekauft wird.

Reines Familienunternehmen vs. unternehmerisches Wachstum. Wenn Sie wählen müssten…

… zurzeit „reines Familienunternehmen.“ Dadurch wachsen wir in guten Zeiten zwar etwas langsamer – dafür ist es ein nachhaltiges Wachstum, das gerade auch in schwierigeren Zeiten für eine gesunde wirtschaftliche Basis sorgt und uns einen verantwortungsvollen Umgang mit unseren Mitarbeitern ermöglicht.

Was ist Ihrer Meinung nach die größte Herausforderung der Uhrenindustrie in den nächsten fünf Jahren?

Wir müssen die Wünsche unserer Kunden genau kennen lernen und ins Zentrum unseres Handelns stellen.

Konzessionär oder eigener Onlineshop? Wie sieht der Vertrieb der Zukunft aus?

Auch dabei müssen wir den Wünschen unserer Kunden gerecht werden und ihnen nicht nur einen Weg, sondern die von ihnen bevorzugte Möglichkeit bieten. Deshalb möchten wir einen Weg finden, mit dem wir Uhreninteressierten, Fachhändlern und uns eine Plattform bereitstellen.

Traditionshandwerk meets Social Network. Ist Offline-Business ohne Online-Präsenz noch machbar? Ersetzt der Facebook-Post das Beratungsgespräch?

Das Thema „Online“ wird immer wichtiger werden. Für Beratungsgespräche werden oft ja schon Chats angeboten, was für eine Beratung ein gutes Medium sein kann. Das wird sicher auch weiter zunehmen. Letztlich kommt es auf die Mentalität des Kunden an. Ich gehe gerne in ein Ladengeschäft einkaufen – und auch für viele unserer Kunden ist die persönliche Beratung noch der bevorzugte Weg.

Welches wäre der größte Fehler, den man als Hersteller machen kann?

Wenn man seine Kunden nicht ernst nimmt. Wir bekommen z.B. sehr viele E-Mails mit Fragen nach alternativen Gehäusegrößen. Dies nehmen wir gerne in unsere Überlegung zu neuen Modellen auf und haben ergänzend zu den Terrasport-Gehäusen mit 44 mm nun auch ein Modell mit „gemäßigten“ 42 mm Durchmesser in der Kollektion.

Wenn Sie nicht in der Uhrenindustrie gelandet wäre, dann wären Sie jetzt:

Wald, frische Luft, viel in der Natur: Förster wäre ich sehr gerne geworden.

Welches berufliche Ziel möchten Sie unbedingt noch erreichen?

Unsere Manufakturlinie „R. Mühle & Sohn“ möchte ich noch weiter ausbauen. Unser Modulaufbau für das RMK 02 bietet Platz für drei Komplikationen. Neben der neu konstruierten Auf/Ab-Anzeige und dem Zeigerdatum können wir hier also noch eine weitere umsetzen. Dann wird es Zeit für einen neuen Ansatz, andere technische Lösungen.

Robert Mühle Kleine Sekunde an Herrn Strohms Handgelenk

Und welches private?

Diese gibt es neben der zeitaufwändigen Leitung des Familienunternehmens durchaus; ich möchte sie jedoch gerne für mich behalten.

Welche nicht tickende Passion begeistert Sie?

Ich bin leidenschaftlich gerne mit dem Rennrad unterwegs und lasse meinem sportlichen Ehrgeiz hier freien Lauf. Meine zweite große Passion ist das Bergwandern.

Noch irgendwelche berühmten letzten Worte?

Es gibt wichtigeres im Leben, als beständig dessen Geschwindigkeit zu erhöhen.

(Mahatma Gandhi)

Herzlichen Dank.

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*In der Reihe „Die Uhrenbeweger“ interviewe ich – meist per Fragebogen – Menschen, deren berufliches Leben eng mit dem Thema Uhr verbunden ist. Entscheider/innen aus der Uhren-Industrie und dem Uhren-Handel, Uhrmacher, Designer, Sammler und andere Verrückte.

Fragen und Antworten werden von mir unkommentiert veröffentlicht. Ich werde für keinerlei Leistungen im Rahmen der Veröffentlichung bezahlt, weder für die Abbildung von Produkten oder Marken, noch für die Verlinkung zu dem Unternehmen des Interview-Partners.

1 Comment

  1. Antje sagt:

    Der Papa war mir schon immer Sympathisch.Da scheint der Sohn ja voll in dessen Kerbe zu schlagen.
    Ein klasse Fragebogen,danke

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