Uhrentest: Junghans Meister Chronoscope

Auf diesen Test war ich besonders gespannt, denn mit einer Junghans Meister hat meine Sammelleidenschaft der mechanischen Uhren angefangen (vorher waren es Quarzer aus Plastik). Nun also eine Chronoscope, genauer gesagt die Referenz 027/4526.00.

Ich habe bisher mehrere Chronoscope aus der Serien „Max Bill“ besessen, die ich gerne und oft getragen habe, wegen des klaren Zifferblattes – und weil studierte Designer nun mal eine Max Bill (sorry: max bill – man beachte die Kleinschreibung bei Junghans) tragen! Aber erst einmal, wie bei meinen Tests üblich, lassen wir den Hersteller zu Wort kommen:

Das schreibt über die Uhr:
Seit 1936 steht das Prädikat Meister für den klassischen Uhrenbau bei Junghans. Dieser Tradition folgend entstehen die heutigen Meister Uhren durch Leidenschaft für Präzision und ausgeprägtes Qualitätsbewusstsein.

Die technischen Daten:
Werk: Automatikwerk Kaliber J880.1
Stoppfunktion, Datum, Wochentag. Wahlweise auch mit englischer Wochentagsanzeige erhältlic
Gehäuse: Edelstahl, verschraubter Sichtboden, Ø 40,7 mm, Höhe 13,9 mmEdelstahl, Wasserdichte 3 atm.
Glas: Plexi-Hartglas gewölbt mit SICRALAN Beschichtung.
Zifferblatt: blau mit Rundschliff, Zeiger mit umweltfreundlicher Leuchtmasse.
Band: Pferdelederband, Dornschließe Edelstahl

Nun mal zum ersten Eindruck:
Gewohnte Kartonage, schöne Holzbox, nix Aufregendes. Aufmachen, rausnehmen, befingern: schön! Gewicht wie erwartet, Band…na ja…
Erster Blick auf das Zifferblatt: Hui, jede Menge los auf den knapp 41 Millimetern: Sekunde, Minute, Stunde, Tag, Datum…das alles auf verschiedenen Ebenen, in einem tollen blau, grau, dunkelblau…je nach Lichteinfall.
Das Zweite, was auffällt: Die Uhr ist laut. Sobald man sie in Händen hält, ist der Rotor des Automatik-Werkes deutlich zu hören. So klein er auch ist (gut sichtbar hinter Glas) so groß „zirpt“ er doch vor sich hin. Am Arm ist das Geräusch etwas gedämpft, aber trotzdem noch deutlich hörbar. Das ist nicht jedermanns Geschmack, auch nicht der helle metallische Ton beim Aufziehen über die Krone. Wirkt etwas zu trocken und das meine ich wörtlich. Klingt für mich ein wenig wie: „Mir fehlt ein Tröpfchen Öl“. Dass dem nicht so ist, weiß ich von meinen bisherigen Junghansens.

Junghans Chrososcope Blau4

Ablesbarkeit:
Ich habe es bereits angedeutet: Im Gegensatz zu den max bill-Modellen wurde hier meiner Meinung nach übertrieben. Die „tiefergelegten“ Skalen tragen nicht zur Ablesbarkeit bei – im Gegenteil. Reflektionen und Farbspiel des Zifferblattes, kombiniert mit einem halben Dutzend Zeigern – ein Augenschmaus, aber nicht für den, der schnell mal die Zeit erfassen möchte. Mich hat die Uhr beim Fotografieren in den Wahnsinn getrieben. Das wunderbar gewölbte Plexi lässt sich nicht spiegelfrei ablichtet – und ablesen.

Junghans Chrososcope Blau2

Tragekomfort: 
Klasse. Das Gehäuse verjüngt sich auf der Rückseite stark, dadurch kommt ein Tragegefühl auf, als hätte man nur 30 mm am Handgelenk. Drücker und Krone haben genügend Abstand zum Arm, was will man mehr? Halt – bei einem hätte ich mir mehr gewünscht:

Bei Armband und Schließe:
Wie heißt es so schön: Ein Schwalbe macht noch keinen Sommer? Und ein Pferd noch kein tolles Band. Einfallsloses Glattleder in 21 mm. Das Beste daran ist der Farbton, denn das helle Braun passt klasse zum blauen Zifferblatt. Ich weiß nicht, warum mehr als ein Hersteller den Begriff „Design“ (und alles was nur in die Nähe des Bauhauses kommt) immer mit Glattleder in Verbindung bringen muss (siehe NOMOS). Das hat die Uhr nicht verdient – und der Käufer auch nicht.

Image-Faktor:
Junghans ist eben Junghans. Der einstmals größte Uhrenhersteller der Welt ist nach vielen Ups und Downs wieder im Aufwind. Man zitiert die Klassiker von damals – wenn auch hier ein wenig zu wild. Und gerade die Designer-Linien „max bill“ und „Meister“ strahlen auf den Träger etwas Intellektuell-kreatives ab (glaubt der Träger).

Werthaltigkeit:
Die Preise der Chronoscope-Modelle sind schneller gestiegen als bei jedem Rolex Modell. Das nennt man dann Markt-Anpassung und ich nenne das: gerechtfertigt. In der 1.5 bis 2k Klasse hat die Linie einen sicheren Platz gefunden. Und auch die Gebrauchtpreise für die Uhr sind einigermaßen stabil. Mit dieser Uhr verbrennt man kein Geld – auch dank der aufwärts gerichteten Preispolitik des Herstellers.

Wer trägt sie:
Ich habe die Zielgruppe bereits angesprochen. Designer, Künstler, Intellektuelle und besonders gerne Architekten (Max Bill sein Dank). das „Meister“-Modell ist sozusagen die verspielte Schwester vom alten Max. Wer auf 100%ige Alblesbarkeit keinen Wert legt, findet hier eine schöne Alternative. Es geht um Optik, erst in zweiter Linie um die Technik.

Man trägt sie zu:
Allem! Die Chronoscope-Träger die ich kenne, besitzen meist nur ein Modell. Und die Junghans hat den Vorteil, dass sie sich gut sowohl unter der Hemd-Manschette, als auch zum Polo (Shirt) macht.

Fazit:
Eine schöne, extrovertierte Uhr mit Plexi-Retro-Charme zum guten Preis. Hoher Tragekomfort und gutes Image. Eingeschränkte Ablesbarkeit und diskutables Armband. Ich mag die Formensprache, ziehe aber die „max bill“ wegen Ihrer Klarheit vor – bin halt Designer…

Und jetzt: Schöne Bilder.

1 Comment

  1. Bernhard Geier sagt:

    Der Testbericht ist sehr gut geschrieben! Ich habe selbst diese Junghans Meister Agenda zu Weihnachten bekommen. Die Lesbarkeit und auch der Tragekomfort sind für mich besonders hervorzuheben! Uhren werden heutzutage leider immer weniger getragen, aber ich muss sagen, die Uhr fühlt sich sehr gut an meinem Handgelenk an!

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