Preisermittlung vor dem Verkauf einer Uhr

Auch ältere Schätzchen haben ihren Preis – fragt sich nur welchen…

Krisen wie die momentane bringen es leider mit sich, dass sich der ein oder andere von einem Schätzchen aus seiner Sammlung (ich rede von Uhren) trennen möchte. Vielleicht ist es das erste Mal, dass Sie eine Uhr veräußern und Sie stellen sich die Frage:

Was ist das gute Stück eigentlich wert?

Damit wir direkt zu Beginn dieses Artikels alle nicht zielführenden Floskeln abgearbeitet haben:

  • Eine Uhr ist nur so viel wert, wie Ihnen jemand anderes dafür bezahlt.
  • Der Wert einer Uhr hat nichts mit dem Verkaufspreis zu tun.
  • Jeden Morgen steht ein Dummer auf…

Das hätten wir nun, kommen wir zum Kern des Themas:

Herzlich willkommen in der Wunderwelt der Uhrenpreise, im Land der Mythen und Legenden, der Heimstatt von Pinocchio und Graf Münchhausen. Wo viele Märchen erzählt und kaum eins wahr wird. Hier wird Ihnen alles geboten zwischen Schnäppchen und Schnappatmung.

Ich möchte ganz gezielt die Sonderfälle wie Patek Philippe und besonders Rolex außen vor lassen, denn für den Verkauf von Uhren dieser Marken gilt nur eine Regel: es gibt keine. Verkäufer, Käufer und Preise bewegen sich teilweise haarscharf am Rande des Wahnsinns.

Mit und ohne Datum hochspekulativ: Submariner in der fünfstelligen Referenz.

Und noch eins vorab: In diesem Artikel beschreibe ich hauptsächlich den Verkauf einer gebrauchten Uhr an einen Händler. Denn dieser sollte sich möglichst emotionsfrei und geschäftlich mit Ihnen über den Ankaufpreis unterhalten. Diese Sachlichkeit ist bei einer Veräußerung von privat an privat nicht immer gegeben. Es wird von Verhandlungen berichtet, die nicht nur sehr laut, sondern auch sehr körperlich endeten. Und so manche uhrenkollegiale Freundschaft endete beim Geld – wie so oft im Leben.

Bevor Sie auch nur mit einem einzigen Menschen (Privatperson oder Händler) über den vielleicht beabsichtigten und eventuell angedachten Verkauf Ihrer Uhr reden, machen Sie sich zumindest ein grobes Bild über den Zeitwert Ihrer Uhr. Mit ein paar Klicks finden Sie im Netz, z.B. bei chrono24.de oder bei ebay, sicher ein vergleichbares Modell. Und wenn Sie das gefunden haben, dann rufen Sie ganz laut „MOMENT!!!“

Denn ich gebe Ihnen Folgendes zu bedenken:

Die Zahl, die Sie sehen ist nur der Wunschpreis und oft die Verhandlungsbasis des Verkäufers, nicht der wirkliche zu erzielende Verkaufspreis. Der liegt im Schnitt 10-15% darunter.

  • Bei ebay suchen Sie bitte nicht wild in der Gegend rum, sondern klicken auf den Button „Verkaufte Artikel“ in der linken Leiste. Hier sehen Sie zu welchem Preis dieses Modell letztendlich verkauft wurde (grün angezeigt). Sie wissen: der Wert und der Preis einer Uhr können weit auseinanderliegen.
  • Ein Händler bietet Ihnen einen Ankaufspreis, der ähnlich wie bei einem Auto unter dem liegt, was Sie vielleicht bei einem Privatverkauf erzielen können. Weil der Profi das Risiko beim Ankauf trägt, bei Privatverkauf sind Sie verantwortlich. Und ein wenig verdienen muss der Händler ja auch noch.
  • Im Schnitt liegt der Verkaufspreis einer Uhr durch eine Privatperson 15% unter dem Preis eines Händlers. Denn dieser muss Gewähr und Rückgabe anbieten, eine Privatperson nicht. Dazu werden gebrauchte Uhren in einen Meisterbetrieb zur Kontrolle gebracht, fotografiert und ins Netz gestellt. Das kostet Zeit und Geld.

Suchen Sie bei ebay nach „Verkaufte Artikel“ und Sie sehen den wirklich erzielten Preis.

Bitte rechnen Sie also mit einem Abschlag von ca. 15-20% beim Verkauf der Uhr an einen seriösen Händler. Dafür bietet Ihnen dieser Verkauf eine Menge Vorteile:

  • Das Fotografieren, Texten und Inserieren entfällt für Sie – ein nicht unerheblicher Zeitaufwand.
  • Sie ersparen sich die oftmals ärgerlichen Preisverhandlungen und Forderungen von potenziellen Käufern. Es steht nicht jeden Morgen ein Dummer, aber doch oft ein Unverschämter auf.
  • Es entfällt auch das nicht zu unterschätzende Risiko bei der „Übergabe“ der Uhr, außer Sie kennen den Käufer persönlich. Als Sammler ist es nicht ratsam, Unbekannte ins Haus zu lassen oder den „Treffpunkt Autobahnraststätte“ zu akzeptieren.
  • Sie haben keinen Stress mit Rückgabe oder ungerechtfertigten Mängelforderungen wie nach einem Privat-Verkauf. Auch wenn es viele versuchen auszuschließen: SIE haften für die Richtigkeit Ihrer Verkaufsangaben. Einfach gesagt: Uhr kaputt – Uhr zurück.
  • Der aus Sicht der Versicherung notwendige Wertversand kann vom Händler organisiert werden, denn DHL erlaubt keinen Versand von Wertgegenständen über 500,- Euro.
  • Sie sparen die Verkaufsgebühr (bei ebay 10%) und die Paypalgebühr (3%), die viele Käufer bei Privatverkauf verlangen. Das sind bei hochwertigen Uhren mindestens 250-300,- Euro.

Ich gebe Ihnen ein Beispiel:

Sie besitzen eine Omega Speedmaster, zwei Jahre alt in sehr gutem Zustand, die Sie verkaufen möchten. Kaufpreis war 4.000,- Euro. Bei ebay und chrono24 wird ein vergleichbares Modell angeboten für 3.000,- Euro. Allerdings vom Händler mit Gewähr und Garantie. 10% wird er wohl nachlassen müssen.

Das wäre jetzt Ihre Preisreferenz. Als Privatperson werden Sie wahrscheinlich 2.3 bis 2.4k dafür erhalten – mit all der oben genannten Arbeit und Stress und wenn Sie zusätzlich Paypal anbieten (Käufersicherheit).

Vom Verkaufserlös ziehen Sie jetzt bitte fast 300,- Gebühren ab, sodass Sie nach Wochen des Anbietens und einigen dummen Mails und unverschämten Angeboten bei einem Erlös von vielleicht 2.000,- Euro liegen. Von genau diesen 2.000,- Euro (und nicht von 3.000,- Euro) gehen Sie bitte aus, wenn Sie mit einem Händler verhandeln.

Und bevor Sie dort anrufen, halten Sie bitte ein paar Infos parat (ähnlich wie bei der Telekom-Hotline), die da wären:

  • Name, Bezeichnung, Modell der Uhr, die Sie veräußern wollen
  • Alter, Kaufdatum, Bezugsquelle
  • Umfang des Paketes, Papiere, Box, Garantiebescheinigung (vorhanden oder nicht?)
  • Ihre Preisvorstellung
  • wenn möglich, aussagekräftige Bilder

Ohne diese Informationen kann Ihnen ein seriöser Profi weder eine Preiseinschätzung noch ein Angebot für Ihre Uhr abgeben.

Wenn Sie noch nie verkauft haben, hilft Ihnen vielleicht dieser Hinweis: Der Verkauf einer gebrauchten Uhr unterliegt denselben Spielregeln wie der Verkauf eines gebrauchten Autos. Auch dabei macht privat und gewerblich, mit oder ohne TÜV, alt oder neu, Zustand und Laufleistung den Unterschied. Auch dabei gilt: Wer sich schlau macht, ist im Vorteil – egal ob Sie Käufer oder Verkäufer sind.

Mehr Wissenswertes rund um das Sammeln von Uhren finden Sie in meinem Buch „Armbanduhren sammeln Wertermittlung / Kauf / Pflege / Aufbewahrung!“ unter www.herrstrohmsbuecher.de

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