Die 10 goldenen Regeln beim Online-Uhrenkauf

„Wir kennen uns ja aus dem Forum!“ Mit diesem simplen Satz fing so manche leidvolle „Uhren-Online-Kauf-Geschichte“ an. Weil der Kauf nur einseitig vollzogen wurde. Will heißen: Geld bezahlt – Uhr nie erhalten. Bevor ich nun lebenslänglich von allen Foren-Administratoren gesperrt werde: Jungs, es geht hier nicht um die Vertrauenswürdigkeit eurer Foren, sondern um die oft unglaubliche Naivität der Menschen, die auf dortigen Marktplätzen, auf Verkaufsplattformen oder Online-Auktionen, ja selbst bei gewerbescheinbesitzenden Online-Händlern den Versuch starten, viel Geld für eine normalerweise noch viel teurere Uhr auszugeben.

Und noch eins vorweg: Das manchmal grenzenlose und blinde Vertrauen in das uhrenverkaufende Gegenüber ist weder an Preisklasse noch Bildungsniveau gebunden – das lehrt mich mein Erfahrungsschatz, den ich hier warnend ausgraben möchte. Jede der folgenden Regeln liest sich wahrscheinlich auch für Sie völlig selbstverständlich – und doch haben die meisten von uns mindestens eine davon schon gebrochen. Hoffentlich immer mit gutem Ausgang. Doch ich weiß von ganz anderen Fällen. Was also tun, wenn ich eine Uhr online kaufen möchte und den Verkäufer nicht persönlich kenne.

  1. Nehmen Sie einen ersten persönlichen Kontakt auf.

Im ersten, vielleicht unverbindlichen Schritt genügt bereits eine kleine Mail oder in Foren eine interne Nachricht. An der Antwort (falls eine kommt) erkennen Sie schon die Ernsthaftigkeit / Seriosität des Verkäufers. Geht er auf die Fragen ein? Kann und will er sie beantworten? Oder weicht er aus und verschleiert mehr?

  1. Rufen Sie an.

Nein, das ist keine Belästigung, das ist Ihr gutes Recht. Fragen Sie also nach einer Telefonnummer – am besten Festnetz – und dem besten Zeitpunkt eines Telefonats. Bereits am Telefon kann man sich einen guten zweiten Eindruck machen. Sie werden schnell feststellen, ob der „jahrelange Sammler“ ein Grundwissen zum Thema Uhren hat oder nicht.

  1. Verifizieren Sie den Verkäufer…

Bitten Sie vorab um alle relevanten persönlichen Daten. Für den Kauf benötigen Sie die Infos später sowieso. Und wer Ihnen eine Uhr für mehrere Tausend Euro verkaufen möchte, der sollte nichts zu verbergen haben. Da RE-Mails geduldig sind, bitte ich immer um Fotos des Personalausweises – und zwar Vorder- und Rückseite. Dazu nicht nur die Bankdaten, sondern auch ein Foto der Bankkarte des Kontos, dessen Stand Sie erhöhen sollen. Warum? Bei deutschen Banken zählt alleine IBAN und BIC, ob der angegebene Name etwas mit dem Konto zu tun hat, wird nicht überprüft. Ich kann also mit Ihrem Namen Geld auf mein Konto überweisen lassen. Witzig, nicht…?

  1. …und die Ware.

Wer sagt Ihnen eigentlich, dass der Verkäufer auch im Besitz der Uhr ist? Wahrscheinlich haben Sie bisher nur ein Foto der Uhr gesehen. Und Fotos gibt’s in jedem Forum und bei Google „la Masse die Meng“ (ich liebe Fremdsprachen). Wenn also der geduldige Verkäufer neben dem oben genannten Ausweis und der EC-Carte auch noch die Uhr mit auf’s Foto platziert – besser geht’s nicht.

  1. Recherchieren Sie den Verkäufer / Händler.

Sie sind immer noch unsicher, obwohl Sie die Adressdaten des Verkäufers haben? Google, Telefonauskunft, das Örtliche oder Online-Verzeichnisse verifizieren sehr schnell, ob Manni Mustermann wirklich in der Beispielstraße 69 wohnt. Und auch bei professionellen Händlern bringt eine Suchmaschine bei der Zeileneingabe „Erfahrungen mit XXX“ oft Positives, aber auch manch Böses ans Tageslicht. Fragen Sie andere nach deren Erfahrung, denn im Gegensatz zu einer nicht gelieferten Uhr kostet Fragen nichts.

  1. Machen Sie einen Kaufvertrag.

Bei einem Händler bekommen Sie eine Rechnung – hoffentlich zusammen mit der gewünschten Uhr. Bei privaten Autokäufen sind wir es auch alle gewohnt. Doch bei der „kaum getragene Hübloh“ erachten wir zu viel Schreibkram als Zumutung. Alleine die Forderung: „Lass uns einen Kaufvertrag aufsetzen“ trennt Spreu vom Weizen. Ich hatte gerade den Fall, dass ein Verkäufer meinen Kaufvertrag-Vordruck ablehnte, weil „…es ja ein Privatverkauf ist und ich dir bestimmt nicht meine Privatdaten gebe!“ Ich sag da jetzt mal nichts dazu. Vertragsvorlagen finden sich überall im Netz und können nach dem Ausfüllen auch kinderleicht via Handyfoto übermittelt werden. Das Original dann der Uhr beigelegt, hat man an beidem hoffentlich was für’s Leben. Privatverkäufer sind natürlich auch für die Richtigkeit Ihrer Angaben verantwortlich. Wer von einer neuwertigen Uhr, Revision und fantastischen Gangwerten redet, muss auch zu seinem Wort stehen – wenn man es denn nun aufgeschrieben hat.

  1. Auf die Zahlungsweise achten.

Alleine das Bestehen auf „Nur Bares ist Wahres“ ist nicht verwerflich. Mit Vertrag und Quittung passt das. Doch ich kenne einen Fall, in dem die Uhr vom Käufer zurückverlangt wurde, weil dieser angeblich mit Falschgeld bezahlt hatte. Nach viel Ärger und Strafanzeige stellte sich (durch Zufall) heraus, dass der Verkäufer auf diese Weise seine eigenen Blüten in Umlauf bringen wollte. Ich persönlich bevorzuge Banküberweisung. Wenn man sich kennt, gerne auch mal Paypal, wenn’s schnell gehen soll. Wie sagte Oma immer: Es gibt nichts, was es nicht gibt.

  1. Per Post oder persönlich?

Bitte nicht mit der „Post“, denn bei DHL sind Uhren über 500,- Euro nicht nur nicht versichert, sondern auch nicht erlaubt. Zu kompliziert? Mehr dazu in diesem Bericht. Und immer dran denken: Sendungsverfolgung oder Trackingnummer anfordern und die Uhr vor der Ankunft im Auge behalten. Warum die Uhr nicht persönlich abholen? „So weit weg“ höre ich sie jetzt rufen, und rein kalkulatorisch macht das nicht immer Sinn. Aber wer für einen Prozentpunkt beim Autokauf Hunderte von Kilometern fährt – sollte bei einer Luxusuhr so manche Strecke nicht scheuen.

  1. Und das Wichtigste zum Schluss:

Hören Sie auf Ihren Bauch. Wenn Ihnen, egal an welcher Stelle des potenziellen Deals, irgendwas spanisch vorkommt (trotz schwäbischem Verkäufer) dann lieber einmal zu viel als zu wenig auf das „Geschäft des Lebens“ verzichten. Es gilt die Regel: Im selben Maße wie der Verkäufer unsicher ist, sollte der Händler sicher sein. Wer also wirklich keine Ahnung von Uhren hat (ist nicht schlimm…!) der kauft am besten beim Konzessionär und dem stationären Einzelhandel. Die freuen sich.

  1. Oder wenn Sie was Passendes finden – auch gerne bei mir. Ich freu mich auch.

4 Comments

  1. Jan sagt:

    Ich danke Ihnen für den interessanten Artikel. Ein Uhrenkauf ist eine sehr individuelle Sache. Da sollte man wirklich gut vergleichen und recherchieren und wissen, welchen Uhrenstil man eigentlich bevorzugt.
    Mit besten Grüßen
    Jan

  2. Chronondo sagt:

    Super Artikel 👍👍👍👍

  3. @Bernhard: Sehr gute Tipps!
    @alle anderen: Gut durchlesen und genau so machen!
    Wenn Ihr auch noch selber überprüfen möchtet, ob Eure „Wunschuhr“ in einem technisch guten Zustand ist, findet Ihr ein paar Tipps auf meinem Blog unter dem Titel „Tipps zum Kauf einer vintage bzw. gebrauchten Rolex“

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