Website-Icon Herr Strohms Uhrsachen

Bicolor – Bunt für’s Leben.

Sind wir doch mal ehrlich: Bicolor liegt nicht im Trend! Auch wenn uns seit zwei Jahren die Nobelhersteller weiß machen wollen, dass die Kombination aus Stahl und goldigem (gelb oder rosé) Edelmetall wieder angesagt sei.

Bicolor ist nicht einmal eine Nische – zweifarbig ist eigentlich eine Geschmacksverirrung. In den Achtzigern trug jeder geöhnliche Generaldirektor seine multimetallurge Cartier Santos als Insignie der Macht zu Havanna und VSOP. Nach der Pensionierung und 40 Kilo Wohlstandsspeck später scheint das (nie erweiterte) Band tief in den linken Arm eingewachsen. So sind jedenfalls meine ersten Assoziationen zu den „bunten“ Uhren – wie ein Sammlerfreund zu sagen pflegt.

Rolex Submariner 16613. Mehr Bling-Bling ganz ohne Brillies geht nicht

Und da wäre noch das Kopfkino, in dem auf der Reeperbahn ansässige Kleinstunternehmer aus dem Besamungsgewerbe eine Rolle spielen, motivreiche „Uncle Sam“-Schnellficker-Hosen nebst tiefliegenden Luxuskarossen und -damen. Ich weiß, das ist mein ganz persönliches Trauma (außer den Autos) und spiegelt nicht die wahre Käuferschicht wider…oder doch?

Zweimal GMT mit Materialmix. Besonders begehrt die sogenannte „Tigerauge“ rechts

Auch in Basel wurden sie wieder einmal feilgeboten (die Uhren, nicht die Damen) und den umsatzschwachen Konzessionären mittels „Gesamtkollektion“ in die Schaufenster gezwungen. Da liegen sie nun, dem gleichen Schicksal entgegensehend, wie die brilliantenbesetzten Schwester-Modellen, denen die chinesische Kundschaft abhandengekommen ist.

Konnte ich die massivgoldene Rolex noch als Edelmetall-Depot verkaufen, wie steht’s dann um die Bicolor-Variante? Sparbuch halb und halb? Erschreckenderweise – oder auch nicht – liegen die Second-Wrist Preise der Edelstahlmodelle mindestens gleichauf mit denen der Gemischtmetall-Zwillinge. Und da Sie bei den Nobeluhren zum Großteil das Image und die Marke bezahlen, ist der reine Goldwert fast zu vernachlässigen.

Doch was spricht nun für den Kauf eines solchen Spalters? Masochismus? Exhibitionismus? Der verdrängte Wunsch nach einer lustvollen Luden-Laufbahn? Zumindest zwei der drei Gründe möchte ich persönlich von mir weisen. Aber auch ich greife mit schöner Regelmäßigkeit in die ach so kleine Nische und entreiße ihr ein mehrfarbiges Luxusmodell – meist aus dem Haus mit der Krone. Und dann sag ich mir „Edelstahl kann jeder!“ oder wie meine Frau in einem solchen Fall meint: „Geschmack ist Zufall!“.

Daytona 116523 – ein passendes Band kann die Spontanerblindung verhindern

Bicolor ist nur was für Männer mit einem wirklich gesunden Selbstvertrauen. Man muss es tragen und ertragen können. Und ein wenig will man ja auch die Blicke der mainstreamenden Sammlerkollegen bei den Uhrenstammtischen genießen, die meinem neuen Schmuckstück ein „What the f…!“ entgegenschleudern.

Neid muss man sich erarbeiten – Abscheu anscheinend auch. Andere Mütter haben auch hässliche Töchter und wir wissen es doch seit der zweiten Tanzstunde: Die sind dankbar!

Ich rufe also auf zu mehr Mut und mehr Selbstbewusstsein. Wenn einer so was tragen kann, dann doch wohl wir. Und für die unsicheren Zweifler am eigenen Bad-Taste hier noch ein kleines Hintertürchen: Wollen Sie sich nicht ständig für Ihren zweifelhaft-zweifarbigen Geschmack am Handgelenk rechtfertigen, rufen Sie beim nächsten Mal mit entsetzter Mine aus: „Was, die ist bicolor? Verdammte Gold-Silber-Blindheit!“

Tudor Prince Date 79263 an Rauleder

Die mobile Version verlassen