Es ist schon einige Jahre her, dass ich mein letztes Abo einer Uhren-Zeitschrift storniert habe. Ab und zu verführt mich das ein oder andere Titelbild am Kiosk doch zum Erwerb eines der wenigen in Deutschland erhältlichen Magazine. Der Lesespaß und die blätternd verbrachte Zeit hält sich dabei in Grenzen.
Trotzdem habe ich mir gedacht: Für die Leser von „Herrn Strohms Uhrsachen“ gehe ich wieder einmal dorthin, wo es den Augen weh tut und kaufe jetzt einfach mal den Kiosk leer. Drei Ausgaben habe ich mir geschnappt (mehr war einfach nicht zu finden) und zwar jeweils die Ausgaben „4/2016 – Juli/August“. Es handelt sich dabei um:
- CHRONOS
- UHRENMAGAZIN
- ARMBANDUHREN
Zwischenzeitlich glänzt fast jedes Wirtschafts- oder Männermagazin mit einem Supplemet oder einem eigenen, unregelmäßig erscheinenden Magazin zum Thema. Diese lasse ich allerdings außen vor.
Zahlen, die nicht lügen, aber sehr verwundern
CHRONOS: Wird herausgegeben von dem Ulmer „Ebner Verlag“, erscheint alle zwei Monate. Jahresabo inkl. „Sportuhren-Katalog“: 72,50 €
Auflage laut Mediadaten: 9.991 Stück
Anzeigenseite innen: 5.800,-
UHRENMAGAZIN: Ebenfalls aus dem „Ebner Verlag“ erscheint 9x (inkl. 3 Sonderhefte) im Jahr.
Jahresabo 73,30€ (inkl. „Klassik-Uhren“ für 105,-€)
Auflage laut Mediadaten: 7.538 Stück
Anzeigenseite innen: 7.010,-
ARMBANDUHREN: Herausgegeben vom Heel Verlag in Königswinter, wie alle anderen auch im Zweimonats-Abstand. Das Jahresabo inkl. dem „Armbanduhren-Katalog“ kostet nur 59,50 €
Auflage laut Mediadaten: 9.260 Stück
Anzeigenseite innen: 5.400,-
Im Abo teurer als einzeln? Nanu…
Generell fällt CHRONOS bei der getesteten Ausgabe dadurch auf, dass das Magazin den höchsten Anteil an Werbung aber gleichzeitig den geringsten Anteil an reinem Textbeitrag publiziert.
Nein, das gleicht sich nicht aus…
Ich mache nur seit 30 Jahren „in Marketing“ und habe Tausende von Anzeigenseiten in Hunderten von Magazinen für Kunden gebucht. Eine solche Diskrepanz bei vergleichbaren Produkten ist mir seltenst aufgefallen.
Urteil: Einheitsbrei!
Jetzt mal weg von den reinen Zahlen, obwohl sie entlarvender waren als ich angenommen habe zum inhaltlich / optischen Vergleich. Ich nehme mal das generelle Urteil vorweg: Einheitsbrei.
Liegen die drei Hefte aufgeschlagen nebeneinander, so kann ich das eine kaum vom anderen unterscheiden. USP (Unique Selling Proposition)? Fehlanzeige! Verwechsel- und damit austauschbar. Und da wird’s auch leider in so einem Test langweilig. Die nun folgenden Punkte gelten daher so oder so ähnlich für alle drei Kandidaten.
Viele andere Druckerzeugnisse der Verlage werden komplett verkauft, von den Fotos auf der Titelseite bis hin zum Schreiben von „redaktionellen“ Texten.
Fast ausschließlich Herstellerfotos!
Fotos: Ich habe es nicht nachgezählt, weil zu ermüdend, aber gefühlt mindestens 9 von zehn abgedruckten Fotos müssten den Quellennachweis „Hersteller“ tragen (tun es aber leider nicht). Selbstgeschossenes findet man nur im Testbereich, und oft wären genau diese Bilder in jedem Optik-Test durchgefallen. Hier knipst teilweise der Schreiber noch selbst…
Eine große Anzahl an automobilen Oldtimermagazinen sind komplett angereichert mit redaktionseigenen und sehr guten Fotos – warum also nicht auch bei einem knapp 8,- Euro teuren Uhrenmagazin? Und erzähl mir keiner, es gäbe weniger Uhren- als Oldtimersammler. Und wo wir schon gerade dabei sind: Warum gibt es eigentlich auf dem gesamten deutschen Markt kein Horologen-Magazin mit dem Schwerpunkt Vintage? Zu viel Arbeit für die Redakteure? Zu wenig PR-Texte der Hersteller?
Doppelseitige Bilder des Fotografen „Lari Fari“, kleines Herstellerfoto und Mini-Texte – und schon haben wir ein paar Seiten belanglos gefüllt.
Gesamturteil:
Den direkten Vergleich lasse ich mal weg, weil die Unterschiede zu gering sind. Daher nur Generelles:
Alle Magazine kommen daher wie eine Sammelmappe an PR-Publikationen der Uhren-Hersteller. Fotos und Textvorlagen flattern doch stündlich auf die Tische der wenigen Redakteure (ich werde auch damit bedacht, weiß also, wovon ich rede). Viel Technik, viel Werbesprech – und ganz wenig eigene Meinung. Wo bleibt die Wertung, die Emotion und auch mal die Kritik? Die beschränkt sich selbst bei den Uhrentests auf Minus-Punkte wie: „Recht hoher Preis“ oder „Fehlender Sekundenstopp“. Na dieses zu erkennen, dafür wären wir Leser wohl zu doof gewesen.
Kritiklos weil sonst werbelos?
Drei Magazine aus zwei Verlagen – da red’ ich jetzt mal von Quasi-Monopol. Eine sehr ungesunde und gegenseitige Abhängigkeit, was unabhängige Inhalte und auf der Gegenseite Werbemöglichkeit der Branche anbelangt.
Ich frage mich, wie lange das Erfinden, Jurieren und Verteilen von Preisen und Auszeichnungen (wie z.B. die „Goldene Unruh“ von UHRENMAGAZIN und FOCUS) die Hersteller über fehlende Leserschaft hinweg tröstet. Wann die mehr schlechten als rechten Online-Angebote der Verlage den Printausgaben den endgültigen Todesstoß geben.
Angepasst und weich gespült mag vielleicht den Manufakturen schmecken, so lange der CEO regelmäßig zum Interview gebeten wird. Den Leser wird ein ungutes Gefühl der Langeweile, Wiederholung und Knauserigkeit beim jährlichen Bezahlen des Abos beschleichen.
Abschließend noch ein Highlight aus dem Bereich der abgedruckten Interviews. Wieder einmal mit dem Schlachtross und der personifizierten Werbekampagne Jean-Claude Biver.
Frage: „Was konkret müssen sie (zur Wiederbelebung der Marke Zenith) tun?“
Antwort JCB: „Ich antworte mit einem Bild: Wir müssen das El Primero in die eine Hand nehmen und die Zukunft in die andere Hand. Und dann muss man Elektrizität zwischen die beiden bringen. Es muss blitzen und funken. Der Strom muss vom gestern zum Morgen laufen.“
Na, konkreter kann man wirklich nicht antworten. Danke für’s Gespräch.