GMT Master – die untragbare Uhr.

Es gibt Uhren, die sind unerträglich: Fakes, Hommagen und natürlich meine viel zitierte Discovery Blue von Splendor. Es gibt momentan aber auch eine Uhr, die ist untragbar – jedenfalls für mich. Leider.

Die Pepsi als Covergirl meines ersten Buches

Dabei handelt es sich um meine Rolex GMT II Pepsi mit der Referenz 16700. Diese Uhr dürfte einigen Lesern (und allen meines Buches – sie ist das Covermodel) bekannt sein, gilt sie doch bei Kronen-Freunden als Ikone des Hauses. Und was hab ich mir über meine hausgemachte Bandmontage anhören müssen: „Jubilé an GMT – das geht doch gar nicht!“, „Vollpfosten“, „Frevel!“.

Der zwangsweise Verzicht auf deren Präsenz an meinem Handgelenk bedeutet gleichzeitig, dass ich ein Viertel meiner Trageuhren verliere (die anderen drei: Sub, Speedy, Monaco). Aber es geht wirklich nicht anders, denn… ach lesen Sie selbst.

(Der nun folgende Dialog wird so gut wie möglich nach Gedächtnisprotokoll wiedergegeben. Die Szene spielt in einem Clubhaus während einer Ausschuss-Sitzung. Die Mitglieder kennen sich teilweise nur mit Namen, ohne persönliche Bindung).

Mein Tischnachbar zur Linken begrüßt mich mit dem üblichen, clubinternen Hallo. Wir sind uns ein paar Mal über den Weg gelaufen, inkl. sehr smallem Talk. Bereits nach wenigen Minuten bemerke ich, wie er mir fasziniert und erstaunt auf mein linkes Handgelenk schaut, geschmückt mit der bereits erwähnten Pepsi. Als ich zuerst ihn und dann mein eigenes Handgelenk anschaue, platzt es aus ihm (flüsternd und zu mir gebeugt) heraus:

„Wo ham Sie DIE denn her??“

Mir schießen die üblicherweise von mir retournierten Antworten durch den Kopf („Aus Antalya“, „Mein letzter Bruch beim Juwelier“ etc…), doch wie gesagt: man kennt sich noch nicht sooo gut, dass die Ironie so brachial zum Einsatz kommen könnte.

Ich taste mich mit einem „Warum fragen Sie?“ heran.

„Weil’s die doch nirgendwo zu kaufen gibt!“

Der strafende Blick des referierenden Vereinspräsidenten zwingt uns zur Unterbrechung der Konversation. Kurze Zeit später schiebt mir mein Nachbar einen Zettel rüber. Kurzer und knapper Inhalt: 16000

16000? Die Referenz 16000 ist eine Datejust und keine GMT … Anfänger! Ich nehme den Zettel, streiche die Zahl durch und korrigiere: 16700. Rückschub.

„Zu teuer, man hat mir die auch schon für 16.000,- angeboten.“

Hä? Wie jetzt? Eine Datejust für 16.000,-? Langsam dämmert es mir. Wir reden aneinander vorbei. Er vom Preis, ich von der Referenz. Aber warum? Ich hätte meinen Spitznamen „The Puzzler“ nicht verdient, könnte ich die Einzelteile nicht zu einem rolexlogischen Ganzen zusammenfügen.

Bildschirmfoto 2018-09-21 um 15.50.26

Die neue Pepsi. Uhrplötzlich ist Jubilé an GMT sexy.

„Wissen Sie, welche Uhr das ist?“

„Na klar: Die Rolex GMT.“

„Ja, aber nicht die, die Sie jetzt meinen…“

„Doch. Die Pepsi. Blau-Rot. Mit diesem anderen Band, wie heißt das nochmal…?“

„Jubilé-Band“

„Genau. Verkaufen Sie die Uhr? Ich hab die noch nie irgendwo in Echt gesehen.“

„Nein, ich bin zwar auch Händler, aber diese ist unverkäuflich. Sie ist auch schon knapp 20 Jahre alt.“

„Sie sagten doch 16.700,-?“

„Nein, das ist die Referenz. Sie hätten gerne die 126710 BLRO – also BLauROt – Pepsi.“

„Können Sie die besorgen, Sie sind doch Händler…aber dann zahl ich nur den Listenpreis … höchstens.“

Hätte das Räuspern des Präsi uns nicht zum Schweigen gebracht, ich hätte nicht gewusst, wie ich aus der Nummer rauskommen soll. Welch eine Logik in mehrfacher Hinsicht: Eine Uhr vom Handgelenk eines fast Fremden wegzukaufen, die man noch nie gesehen hat. Das Doppelte zu bezahlen – auch von einem Privatanbieter. Den Händler aber mahnend an die Preisempfehlung zu erinnern und gerne noch zu feilschen.

Fast anrührend sind dann die Anrufe von Interessenten, die mich fragen, ob ich eine Uhr besorgen kann – sie würden auch Liste bezahlen. Und wollen den windigen Spekulanten nicht noch Vorschub leisten. Gesundes Halbwissen gepaart mit dem Willen das Doppelte für ein Statussymbol auszugeben sind eine gefährliche Mischung. Wer mag es den Spekulanten (in der Regel selbst seriöse und solvente Konzessionärs-Kunden) verdenken, wenn sie das Doppelte zum Listenpreis (8.4k) aufrufen. Den preislichen Vogel schießt bei chrono24 mit 26.000,- Euro übrigens ein Händler (!!) ab.

pepsitestManchmal wird mir auch die Frage gestellt, warum Rolex die Uhr nicht gleich für 16.000,- verkauft. Antwort: Weil Sie dann genauso schnell verteilt (nicht vergriffen) wäre und anschließend für 30.000,- im Netz stünde. Nennen Sie es, wie Sie wollen: Gier, Wucher, Marketing. Wahrscheinlich ist es von allem sehr viel.
Ist die Uhr (Ihnen) den Preis wert? Wenn Sie ihn bezahlen: Ja!

Welche Ihnen nun besser gefällt (die alte oder die neue Version) – wenn überhaupt – das ist Ihre Entscheidung. Ich kann in dem Fall nur mit dem Werbeslogan eines Cola-Herstellers aus den Achtzigern kommen:

„Mach den Pepsi-Test“

 

12 Comments

  1. Pele sagt:

    Ich mag ja nicht klugscheissen, aber handelt es sich um eine 16700 oder um eine GMT Master zwo? Dann wär’s ja ne 16710. So oder so, ne schöne Uhr! Und den Jubilée-Frevel werde ich mir demnächst auch gönnen. Bin schon gespannt was der Uhrmacher sagt, wenn ich mit der Bestellung auflaufe. De gustibus…..

  2. Hubertus H. sagt:

    Irgendwann reicht es ! Ich liebe diese Marke, aber sie verkommt immer mehr zum Spekulationsobjekt…..als ich beim meinem neulichen Besuch in Venedig die Schlange von asiatischen Uhrenfreunden beim Konzi direkt am Markusplatz gesehen habe und viele davon mit netten Tütchen den Shop verlassen haben, fiel mein Auge auf den 5m links davon vertretenen, italienischen Edeluhrenmarkenshop. Sehr viel entspannter und auch geschichtlich sehr spannende, haptisch keinesfalls unterlegene Mitbewerber um den richtigen Tick. Fazit,……. da auch andere Mütter schöne Töchter haben, wird meine Nächste eben keine Krone tragen, sondern wohl einen Bügel zum Klappen haben……und das nicht zuletzt eben aufgrund dieses überzwerchten Marketingehabes.

  3. Tom sagt:

    Rolex ist ja bekanntermaßen Massenfertiger und pumpt jedes Jahr wohl rund eine Millionen Uhren in den Markt. Wäre diese Stückzahl gemäß der Nachfrage verteilt, wäre es komplett vorbei mit der, ohnehin schon geringen, Exklusivität. Also werden immer wieder einige Modelle nur in homöopathischen Dosen verteilt, um den restlichen Kunden vorzugaukeln, sie besäßen keine, an jeder Ecke zu findende, Allerweltsuhr, sondern auch etwas besonderes. Das ist einfach erstklassiges Marketing, das nicht auf’s schnelle Geld, sondern den langfristigen Erfolg der Marke aus ist. Solange es genug Schafe gibt, wird das endlos funktionieren.

  4. Antje Rendelmann sagt:

    Möchte noch erwähnen das es dieses Band nur gibt,da das andere ja bereits die weiß Gold Version schmückt.Meine schnöde 1675 verläßt auch so langsam gut und böse…..

  5. Mario H. König sagt:

    Danke für diesen herrlichen Text zu meinem, heute sehr späten, Feierabend.
    Ich bin ja eigentlich auch ein Fan der GMT-Modelle, gerne auch in Bi-Color, aber seit dem ich eine 41´er Datejust mit dem Jubilee-Band am Arm hatte ist es um mich geschehen.
    Und die gibt es auch noch zu vernünftigen Preisen….

    Vielen Dank Herr Strohm, für die gelungene Einstimmung auf den Feierabend.

  6. Sascha Berst-Frediani sagt:

    Schöner Text aber: rot und blau – macht ne‘ hübsche Bauersfrau. Keine schöne Kombination, wie ich finde.

  7. GK sagt:

    jetzt erst recht ne Pepsi.
    Ein Must have, wie ich finde…

  8. Arnold Gerstl sagt:

    Leider wahr. Ich habe sie unmitelbar nach der Vorstellung in Basel bestellt und natürlich noch nicht bekommen. Als Kunde mache ich zu wenig Gesamtumsatz bei diesem Juwelier, um von der Geschäftsführung unter den ersten Kunden für diese Uhr gereiht zu sein – wurde mir im Vertrauen von den mich seit Jahren betreuenden Verkäufer kund getan.
    Schade, dass ich trotz GMT und Nautilus in Stahl/Gold aus diesem Shop als Kunde nicht ausreichend Umsatz mache, um diese Uhr in absehbarer Zeit zu erhalten. Da ich es ohne Schmuckkauf wohl auch nie schaffen werde, kann ich Ihre Einstufung der GMT als untragbare Uhr nur beipflichten. Zu Zusatzkäufen vergewaltigen lasse ich mich sicher nicht und lächerliche Spekulationspreise zu bezahlen, kommt ebenfalls nicht in Frage.
    Zu hinterfragen ist diesbezüglich die Politik von Rolex dennoch. Sportmodelle sind generell kaum in vernünftiger zeit zu bekommen und die Gebrauchtpreise schon teilweise eine Farce. Da stellen sich die Fragen: will Rolex den Tod der Konzessionäre? Kommt es zu Flagship-Stores? Wie wird sich der Gebrauchtmarkt in solchen Fällen verändern?

    • Herr Strohm sagt:

      Besonders peinlich sind die „Wartelisten“ – stapelweise Bewerbungen für eine Uhr, die wissentlich nie in dieser Masse hergestellt wird. Ein weiterer Baustein im Mythos Rolex, den der mündige Kunde mal hinterfragen sollte.

  9. Björn Kahoun sagt:

    Klasse!

  10. C. Neumeyer sagt:

    …und sowas zum Feierabend, einfach herrlich! Danke Herr Strohm

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