Schatz, ich hab‘ uns EINE Uhr gekauft…

Eigentlich sollte die Headline zu diesem Artikel lauten:

„Sensation! Zwei Luxusuhren zum Preis von einer – Uhrenindustrie geschockt!“

Doch dann erinnerte ich mich daran, dass dies kein Splendor-Anzeigentext im ADAC-Heft ist, sondern Herr Strohms extrem seriöser Uhrenblog. Für alle, die mit dem Runninggag nichts anfangen können, HIER finden Sie die Auflösung.

Dabei stimmt jedes Wort der reißerischen Überschrift („Clickbait“ genannt), denn im entferntesten Sinne erkläre ich Ihnen gleich, wie man mit nur einmal Geldausgeben zwei Menschen glücklich machen kann. Gehen wir von der männlich / weiblichen Beziehungskombination aus heißt das konkret: „Uhren, die sowohl er als auch sie tragen kann.“ Gleichgeschlecht- und geschmackliche Paare haben mit dem gemeinsamen (nicht zeitgleichen) Tragen ihrer Zeitmesser sowieso keine Probleme.

Ich möchte Ihnen zeigen, wie mit einem kleinen Wechsel aus einer eigentlich „typischen Männeruhr“ das Lieblingsstück der Dame des Hauses wird. Dieses Thema hat für (die meist männlichen) Verfolger meines Blogs nun folgende Konsequenzen:

  1. Sie werden diesen Artikel weder lesen noch jemals gegenüber Ihrer Frau erwähnen, welche modischen Möglichkeiten ich Ihnen hier eröffne. Denn Ihre Uhr gehört ganz allein Ihnen…und NUR Ihnen…basta! Und niemand wird Ihre Frau auf solch dumme Gedanken bringen, IHRE Uhr auch nur im Traum an den Arm zu legen.
  2. Sie werden diesen Artikel lieben, mich loben und preisen und mir die Hälfte des dadurch ersparten Geldes freiwillig auf ein von mir noch zu nennendes Konto überweisen.

Geht das wirklich, dass Frauen sich für Uhren interessieren, genauer gesagt für Modelle, die weder unisex noch maximal 34mm durchmessen? Natürlich geht das. Spätestens nachdem die Rolex Daytona zum Liebling der Damenwelt wurde. Und das nicht nur in Roségold mit Leo-Print. Die Zahl der uhrenaffinen Frauen steigt, der berufliche Erfolg manifestiert sich, ähnlich wie bei den männlichen Kollegen, oft in teurem Geschmack am Handgelenk. Dabei heißt es immer öfter Submariner statt „Happy Diamonds“.

Neben diesen Klassikern möchte ich Ihnen ein paar Beispiele aus meinem Shop zeigen, wie durch einen einfachen Wechsel des Bandes die Herrenuhr zum Liebling der Ehefrau wurde – und wieder zum Schmuckstück für ihn – und zurück und so weiter. Die Formel heißt also: Zwei (oder mehr) Bänder – eine Uhr – zwei Träger/innen. Da sind wir wieder bei meinem Lieblingsthema: das Band macht die Musik – und damit das Nutzer/innen-Geschlecht.

Fangen wir mit einem nicht überraschenden Beispiel an: Der Lieblingsuhr der Akademiker, Psychologen und Architekten: Die Nomos. Hier in der Variante „Ahoi“. Ausgeliefert entweder an langweiligem, schwarzen Nylon oder noch langweiligerem Pferdeleder. Gemacht, um unter dem weißen Hemdsärmel / schwarzen Anzug zu verschwinden. Zieht man sich hingegen mal was Buntes durch (Achtung: Ich rede von Uhrenbändern!), dann „wäre das mal was Tolles für meine Frau!“. Diese Kombination wird gerne als Beschwichtigungs-Beifang gekauft, „…weil dann hat sie auch mal ’ne hochwertige Uhr.“

Kommen wir zu einer „Girard Perregaux“, dem Modell „Vintage 1945“. Ausgeliefert an mittelbraunem Kroko beweist der männliche Träger einen ausgesprochen guten, traditionell-konservativen Geschmack.Bindet man der eckigen Schönheit einen echten Python an die Stege, schlägt das Herz der Damen höher und wird zum hippen Begleiter bei Business und Clubbesuch. Ähnlich erging es der wunderbaren Reverso, die erst nach Bändertausch eine begeisterte Kundin fand.

Gerade Roségold ist für viele Männer kein wirkliches Thema. Obwohl gerne bei Manufakturen im sehr gehobenen Preissegment verbaut, halten es viele für zu aufdringlich. Die Hersteller versuchen also mit einem extrem konservativen Band zu retten, was noch an Männerkundschaft zu retten ist. Wie bei dieser Alexander Shorokhoff gezeigt, kann ein einfacher Wechsel des Leders aus einem männlichen Langeweiler ein modernes weibliches Accessoire machen – weil viele Frauen schon männliche Langweiler besitzen.

Die Rolex Milgauss an Stahl schreit mit ihrer Magnetfeldabschirmung geradezu nach einem Ingenieurs-Handgelenk. Funktional, clean und mit einem leichten Hang zu Langeweile. Mit Leder und NATO landet die Toolwatch gerne mal auf dem Wunschzettel der modebewussten Herzensdame.

Von der IWC Portofino ist mir der Fall bekannt, dass er sie an braunem Vintageleder trägt, die bessere Hälfte selbige Uhr in Kombination mit einem Perlrochen spazieren führt. Die Uhr hat im Gegensatz zu so mancher Ingenieur den Vorteil, dass die Größe von 22 Millimetern für beiderlei Geschlecht gut tragbar ist.

Die Seamaster GMT „Great White“ wird vor allem in Begleitung des rot-schwarzen Leders gerne mal mit den Worten „Das wäre genau das Passende für meine Frau“ betitelt.

Die Speedmaster Broad Arrow „Olympia“ ist ein noch gravierenderes Beispiel. Eine Interessentin nahm einige Kilometer auf sich, um die Uhr ans Handgelenk zu legen. Gerade befreit aus dem Bankschließfach, versuchte ich ihr die Uhr am Stahlband anzulegen. Die entsetzte Reaktion: „Nicht die, das ist ja die total falsche!“ Sie war nicht zu überzeugen, dass dies die gewünschte Uhr sein…bis ich das Armband tauschte und mit der Entschuldigung „Meine Schuld, Sie meinten ja diese hier“ wieder vorlegte. Ich glaube Sie weiß bis heute nicht, dass es zu dem tollen roten Rallye-Band noch ein Stahlband „gratis“ dazu gab.

Wenn man es auf die Spitze treiben möchte, dann nehme man eine Speedmaster Automatic bicolor. Die einstmals reine Herrenuhr in knapp 39mm gilt dank des Materialmixes als schwer vermittelbar. Montiert man ein Fellband in Leopardenoptik (wofür garantiert keine Wildkatze sterben musste), ist die Uhr in wenigen Stunden an einem neuen Handgelenk.

Zum Schluss noch drei wirkliche Sonderfälle aus meiner Vintage-Sammlung. Alte Uhren gelten als rein männliche Sammel-Domäne, weil sich die Leidenschaft häufig auf das Innenleben der Uhr bezieht. Gerade die wilden Siebziger sind modisch wieder groß im Kommen. Und kombiniert mit einem ebenso „wilden“ Lederband wird aus sammelwürdiger Technik sehr schnell absolut tragbare Mode. Und das Tragen ist ja die eigentliche Bestimmung einer Uhr, egal an welchgeschlechtlichem Handgelenk.

 Also probieren Sie mal ein wenig rum mit den Bändern und den Uhren. Am Anfang vielleicht ohne, dass es Ihre Frau merkt…sicherheitshalber.

8 Comments

  1. UhrGnom sagt:

    Werde wohl auch hoffen müssen, dass meine Frau niemals auf diesen Artikel stößt. Denn das Einzige was Sie an der Milgauss stört ist das Metallband und ich bin nicht gewillt diesen Traum zu teilen.

  2. Stefan sagt:

    Das beschriebene Thema hat die Frau schon für sich entdeckt – „leider“ schon vor einigen Jahren. Seit dem werde ich morgens auch mal gefragt warum ich denn nun „ihre“ Uhr anlege… Nachdem die heiß geliebte Datejust nun zur Kur geht wurde die nächste adoptiert, übrigens (genau wie im Artikel benannt) eine 39mm Speedmaster an Leder. Nur ohne Wildkatze. Einzig eine Panerai scheint gerade noch sicher vor dem zarten Damenhandgelenk, aber ich weiß sie hat auch die schon anprobiert :O
    Interessant an der ganzen Sache: Mittlerweile werden mir fast schon mehr Tickerchen unter die Nase gehalten, in Form von Bildchen auf dem Telefon z.B., wie ich selbst sie kaum mehr suche. Anscheinend hat die Dame des Hauses einen guten Geschmack – wir sind uns häufig einig und gehen in „trauter Zweisamkeit“ Uhren anschauen. Davor muss man gar keine Angst haben, das ist sogar wirklich spaßig.
    Und der Vorteil liegt klar auf der Hand; Man(n) muss nicht mehr seinen Uhrenkauf rechtfertigen oder durch Handtaschen ausgleichen, sondern säuselt ein kleines „kannst Du auch mal tragen…“ und schon klappt das… 😉

  3. Guido Becker sagt:

    Diesen Artikel hat es niemals gegeben. Sie haben gesehen, wie der Autor ihn selber löschte.
    Und ich… Bin niemals hier gewesen.
    (Frei nach „Jagt auf Roter Oktober“)

  4. Antje sagt:

    Möchte mal anmerken auch Frauen Geschmäcker sind verschieden.

  5. THE LLIGHT sagt:

    Lieber Herr Strohm, Ihre Affinität zu abgestimmten bis hin zu gewagten Uhrenbändern ist ja schon legendär, daher hat mich dieser Artikel gar nicht überrascht 😉. Danke für die schönen Anregungen, ich freue mich, dass Sie das gleiche Band für die Broadarrow gewählt haben wie ich für meine Oris Artix GT DayDate. Und ich werde gleich noch mal beim Zeitvertreiber vorbeischauen.

  6. Robert Lau sagt:

    Ich werde meiner Frau gaaaanz sicher nichts von diesem Artikel erzählen.
    Durch genug weibliche Fantasie könnte ich dann schnell einige Uhren weniger in der Sammlung haben…

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