Preisfindung bei gebrauchten Luxusuhren – Teil 2

Preisfindung bei gebrauchten Luxusuhren – Teil 2

Aus den besten Sammler-Kollegen können erbitterte Feinde werden, sobald es beim An- und Verkauf oder beim Tauschen um das wirklich Entscheidende geht: den Preis. Spätestens jetzt wirft man sich die meistmissbrauchte Handels-Phrase an den Kopf: „Aber im Netz steht die für das Doppelte…!“  – gerne auch in der Version „…für die Hälfte!“, abhängig ob gerade Käufer oder Verkäufer der Kragen platzt.

In diesem zweiten Teil meines kleinen Preisfindungs-Tutorials ( Teil 1 finden Sie HIER) lasse ich den Deal von privat an privat mal außen vor. Ich möchte über den Handel reden, der mich persönlich betrifft: Den zwischen privat und gewerblich, mit gebrauchten Uhren als Ware.

Zwischen dem, was Ihnen eine Uhr wert ist und was Sie dafür bekommen liegen leider oft Welten

Tauschst du auch gegen 3er BMW?“

Sie wissen, dass ich selbst ein Professioneller bin. Bevor nun die Damenwelt zum Telefon greift – ich beziehe dies nur auf meinen Shop für gebrauchte Luxusuhren. Aus der langjährigen Erfahrung des Ankaufens von solch wunderbaren Zeitmessern möchte ich Ihnen hier meine Methode der Preisfindung erläutern. Ich weiß aber, dass sie bei vielen meiner Kollegen ähnlich angewendet wird. Und auch für Sie als Käufer oder Verkäufer können die Faktoren durchaus wichtig und zutreffend sein.

Warum sollten Sie überhaupt in Betracht ziehen, eine Uhr an einen Händler zu verkaufen oder in Zahlung zu geben? Eins ist sicher: Sie bekommen beim Verkauf an privat meist mehr für Ihren Liebling.

Aber haben Sie jemals diese herrlichen zwischenmenschlichen Erfahrungen gemacht, wenn Sie eine Uhr auf einer Auktionsplattform oder in einem Forum feilbieten? Diese subtil formulierten und unaufdringlichen Anfrage-Mails à la „Isch geb dich tausend und komm direkt forbai!“, „Tauschst du auch gegen 3er BMW?“ und natürlich das bereits oben erwähnte „Die gibt’s doch überall für die Hälfte!!“

Wenn Sie den Verkauf Ihrer 1998er Speedmaster nach Eingang des Geldes bereits als erledigt wähnen, kann es sein, dass der Käufer (und stolzer Besitzer einer Rechtsschutzversicherung) da ganz anderer Meinung ist. Meine Highlights: „Eh, die ist ja schon fast 10 (!!) Jahre alt!“ oder noch besser: „Die Omega ist ja gar nicht von Rolex!“. Dann mal viel Spaß beim Nachverhandeln und beim Rechtsanwalt. Nach solchen Erlebnissen klingelt dann bei mir das Telefon, und beide Seiten versuchen es auf professioneller Ebene.

Meine Preisermittlung für den Ankauf einer gebrauchten Luxusuhr.

Bitte machen Sie sich vor dem ersten Gespräch zumindest ein grobes Bild über den Zeitwert Ihrer Uhr. Mit ein paar Klicks finden Sie im Netz, z.B. bei chrono24.de oder bei ebay sicher ein vergleichbares Modell. Dabei gebe ich Ihnen allerdings zu bedenken:

  • Dies ist nur der Wunschpreis und die Verhandlungsbasis des Verkäufers, selten der wirkliche zu erzielende Verkaufspreis. Der liegt im Schnitt 10-15% darunter. Stichwort: „Preis ist VB“.
  • Bei ebay klicken Sie bitte nach Eingabe von Marke und Modell auf den Button „Verkaufte Artikel“ in der linken Leiste. Hier sehen Sie zu welchem Preis dieses Modell letztendlich verkauft wurde (grün angezeigt). Sie wissen: der Wert und der Preis einer Uhr können weit auseinanderliegen.
  • Händler bieten Ihnen einen Händler-Ankaufspreis, der ähnlich wie bei einem Auto unter dem liegt, was Sie vielleicht bei einem Privatverkauf erzielen können. Weil der Händler das Risiko beim Ankauf trägt, bei Privatverkauf sind Sie verantwortlich. Und ein wenig verdienen muss der Händler auch noch.
  • Im Schnitt liegt der Verkaufspreis den eine Privatperson erzielt 15% unter dem VK eines Händlers. Denn dieser muss Gewähr und Rückgabe anbieten, eine Privatperson nicht.
  • Gebraucht gekaufte Uhren werden vom Händler in einen Meisterbetrieb zur Kontrolle gebracht, fotografiert und ins Netz gestellt. Das kostet Zeit und Geld.

Um gut zu verkaufen müssen Sie vorher gut fotografieren. Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Der Aufwand ist nicht zu unterschätzen.

Bitte rechnen Sie also mit einem Abschlag von ca. 20% beim Verkauf der Uhr an einen Händler. Dafür bietet Ihnen dieser Verkauf eine Menge Vorteile:

  • Das Fotografieren, Texten und Inserieren entfällt für Sie, das ist ein nicht unerheblicher Zeitaufwand.
  • Sie ersparen sich die unverschämten Preisverhandlungen und Forderungen von potenziellen Käufern.
  • Sie haben kein Stress mit Rückgabe oder ungerechtfertigten Mängelforderungen, die nach einem Privatverkauf auf Sie zukommen können.
  • Die Organisation des sicheren Wertversands kann vom Händler übernommen werden.
  • Sie sparen die Verkaufsgebühr (bei ebay 10%) und die Paypalgebühr (3%). Viele zukünftigen Kunden erwarten bei einem Privatverkauf von Ihnen diese Sicherheiten. Das sind bei hochwertigen Uhren mindestens 250-300,- Euro.

Ich gebe Ihnen ein Beispiel:

Sie besitzen eine Omega Speedmaster, zwei Jahre alt in sehr gutem Zustand, die Sie verkaufen möchten. Kaufpreis (neu) war 4.000,- Euro. Bei ebay und chrono24 wird ein vergleichbares, gebrauchtes Modell für 3.000,- angeboten. Allerdings vom Händler mit Gewähr und Garantie. 10% wird er wohl nachlassen müssen.  Als Privatperson werden Sie wahrscheinlich 2.3 bis 2.4k dafür erhalten – mit all der oben genannten Arbeit und Stress und wenn Sie den Verkauf per Paypal anbieten (Käufersicherheit).

Vom Verkaufserlös ziehen Sie jetzt bitte die fast 300,- Gebühren ab, sodass Sie nach Wochen des Anbietens und einigen dummen Mails und unverschämten Angeboten bei einem Erlös von vielleicht 2.000,- Euro liegen. Von genau diesen 2.000,- Euro (und nicht von 3.000,-) gehen Sie bitte aus, wenn wir miteinander verhandeln.

Das braucht ein Händler für sein Angebot:

Damit er Ihr Angebot beurteilen kann, benötigt er ein paar Grundinformationen wie:

  • Name, Bezeichnung, Modell
  • Alter, Kaufdatum, Bezugsquelle
  • Umfang des Paketes, Papiere, Box, Garantiebescheinigung
  • Ihre Preisvorstellung
  • wenn möglich, aussagekräftige Bilder

Ohne diese Informationen kann niemand eine realistische Preiseinschätzung oder ein Angebot für Ihre Uhr abgeben.

Wenn Sie die oben genannten Punkte bei der Preisfindung Ihrer Uhr berücksichtigen, egal ob Sie kaufen oder verkaufen, bleibt Ihnen erfahrungsgemäß eine Menge Stress erspart. Und mehr Zeit, sich an Ihrer Uhr (oder deren Verkaufserlös) zu erfreuen. Und zum Abschluss noch eins: Fixieren Sie sich beim Handeln nicht nur auf Uhr und Geld – schauen Sie sich vor allem Ihren Handelspartner etwas genauer an.

Oder wie ein mir gut bekannter Buchautor immer sagt: „Buy the seller!“

10 Comments

  1. gripseljagd sagt:

    Gut geschrieben und meine Meinung bestätigt, sinnfreie Anschaffung, nur für Händler etwas.

    • Axel R. sagt:

      Sinnfreie Anschaffung? Sie beziehen sich darauf, eine Uhr ausschließlich als Wertanlage zu sehen, richtig? Aber selbst da gibt es genug Beispiele, wo das klappt. Man braucht halt eine „nachgefragte“ Uhr, einen im Vergleich zum Kaufzustand unveränderten Zustand beim Verkauf – also z. B. neu/neu-, ein komplettes Set und etwas Zeit. Wenn man dann noch die Lust und Zeit hat, die offziellen Händler zu umgehen, umso besser für die eigene „Marge“. Kauft man allerdings eine nicht sammelwürdige Uhr beim Konzi, um diese dann nach 3 Monaten des Tragens über einen Händler wieder weiter zu veräußern, dann erlebt man sein blaues Wunder.

  2. Axel R. sagt:

    Sehr guter Bericht über die Kalkulationsbasis und das Für und Wider eines Privatverkaufs. Ihr Beispiel (Omega Speedmaster) habe ich mal versucht nachzuvollziehen, wonach Angebot iim Netz: 3.000 €; Ihr Ankaufspreis: 2.000 € („Von genau diesem Preis gehen sie bitte aus“) – macht einen Abschlag von 33 %, nicht aber 20 %. Was ist nun richtig?

    • Herr Strohm sagt:

      Rechnen Sie vom Angebotspreis des Händlers noch die genannten 10% zum VK ab, dann stimmt’s wieder. Die genannten Prozente sind natürlich nur ein ungefährerer Erfahrungswert und abhängig vom Verhandlungsgeschick.

  3. Thomas sagt:

    Sehr interessant geschriebener und aufschlussreicher Bericht Herr Strohm, ja es trifft zu 100% zu !!! Bei Anzeigen auf den einschlägigen Verkaufs Plattformen kommt genau das vor wie Sie es schreiben, aber Gottseidank ist dann auch in den meisten Fällen ein „normaler“ kaufwilliger und seriöser Käufer dabei, der den Preis nachvollziehen kann.

    Ich habe schon einige neue/gebrauchte Luxusuhren gekauft/verkauft und dies IMMER Face-to-face. Die Käufer/Verkäufer kannte ich vorher nicht und bei der Übergabe habe ich sie zum ersten Mal kennengelernt und es waren immer seriöse und sehr nette Menschen. Zu ALLEN Käufern/Verkäufern habe ich immer noch Kontakt und es haben sich dadurch sogar (Uhren) Freundschaften ergeben.

  4. Der Listenpreis Betrug 14900€ ich verlange aufgrund des Fullset 10000€.Wie fast alle Grand Seikos mit Limitierung wird die Uhr sicher nicht weniger wert
    Reduziere auf 9700€
    Reduziere auf 9400€
    Die neuen Keramikmoldelle mit GS-Schrifzug kosten stadtliche 18450€ reduziere auf 9400€
    Reduziere auf 9000€
    Reduziere auf 8600€
    Mittlerweile gerne getragen und ein paar Gebrauchspuren dadurch purzelt der Preis auf 8200€
    Reduziere auf 7800€
    Reduziere auf 7566€
    Reduziere auf 7330€
    Reduziere auf 7100€
    Reduziere auf 6887€
    Wie fast alle Grand Seikos mit Limitierung wird die Uhr sicher nicht weniger wert

    • woifilenggries sagt:

      Betrug übrigens großgeschrieben, ein Schelm der Gutes denkt., oder so

    • Dr. Jürgen Simonis sagt:

      Was will uns der Verfasser damit sagen? Solche oft überteuerten „Limitierungsmodelle“ sind außer bei Rx und vielleicht noch zwei Marken selten werthaltig. Gängige Grand Seikos mit Automatik sind nach meiner Erfahrung nach einigen getätigten Käufen wie Verkäufen sehr preisstabil. Die GS haben eine kleine, aber meist sehr angenehme und kultivierte Fangemeinde. Da gibt es sehr viele Schweizer Marken, die wesentlich schlechter abschneiden.

      • woifilenggries sagt:

        Das ist nicht verfasst, sondern von einer Aktuellen Verkaufsanzeige abgeschrieben und es spiegelt meiner Ansicht nach sehr gut, den Glauben an den Werterhalt so mancher Luxusuhr. Es geht nicht darum, gerade nur diese Marke aus Japan zu nennen, soweit stimme ich zu, das könnte genau so gut eine Schweizer Uhr treffen.

  5. Robert Lau sagt:

    Sehr gut geschriebener Artikel. Wer kennt als Verkäufer nicht diese „Begegnungen der dritten Art“ mit Käufern, die nachverhandeln wollen – das ist schon bei niedrigpreisigen Uhren sehr nervenaufreibend!
    Allerdings gibt es ja auch eine weitere Variante, die für beide Seiten zufrieden stellend sein kann: den Verkauf über ein Uhrennforum. Hier sind meist weniger „Spinner“ unterwegs und man kann den Verkauf ja auch persönlich abwickeln – neudeutsch „face2face“.
    Wobei ich gerade bei sehr hochwertigen Uhren die Abwicklung über einen professionellen Händler vorziehen würde.

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