Graham Chronofighter – die Kämpfernatur.
Es gibt Uhren, die werden wohl nie die Bekanntschaft mit einem Maßanzug von Henry Pool & Co. machen. Sich nie unter der Manschette eines Charvet-Hemdes verstecken. Diese Zeitmesser sind von der Savile Row in London so weit entfernt wie ein (echte) „Lange 1“ vom Wochenmarkt in Antalya. Und Sie wissen jetzt, dass ich gerade einen Bericht über die besten Schneider der Welt gelesen habe (und irgendwo muss dieses Wissen doch hin).
Zurück zur Uhr, in diesem Fall zur „Chronofighter Oversize“ aus dem Hause Graham. Ich wollte schon seit Monaten eine haben, denn die Uhren des besagten Herstellers waren mir a) nicht persönlich bekannt und b) nicht ganz geheuer. Bilden sie doch optisch die perfekte Symbiose aus Handgranate, Kreissäge und tragbarem Diesel-Aggregat. Kurzum: genau das richtige Männerspielzeug.
Nun misst der Chronofighter bereits ohne das links – also falsch- angeschlagene Kurbel-Hebel-Drücker-Kronen-Ensemble (kein offizieller Fachterminus) 47 Millimeter im Kreis. Zuzüglich ist es ein gefühlter halber Meter.
Die Intuition trügt, denn der Hebel über der Krone hat ausschließlich die Funktion, den Startknopf der Stoppuhr zu bedienen, der sich in/an der Krone befindet. Das darüber liegende schwarze Trompetenventil hat keinerlei musische Begabung, sondern bringt die soeben gestartete Zentralsekunde samt Minuterien wieder zum Stehen. Ja, das geht auch mit wesentlich weniger Show und Stahleinsatz – aber nicht bei Graham.
Nach dem ersten Blick auf das Bedien-Konvolut schreit das uhrenverrückte Kleinhirn so etwas wie „UNTRAGBAR“. Da hat es sich aber aufs Feinste verschätzt. Denn sobald der Erst-Grahamnist die Uhr mittels weichem Kautschukband ans Handgelenk (das linke) schnallt, entfährt im ein erstauntes „Hoppala!“.
Gummi nebst Dornschließe schmiegen die Uhr fast zärtlich um den (linken) Arm und die ebenfalls links angebrachte Drückerkolonne lässt dem Handgelenk alle benötigten Freiheiten. Die Repetition der Ortsangabe „links“ lässt Sie ahnen, dass der Chronofighter für den „rechten“ Gebrauch völlig ungeeignet, da handgelenkszertrümmernd ist.
Er trägt sich richtig gut, der Fighter. Die Leuchtmasse meines 10 Jahre alten Exemplars erstrahlt immer noch in hellem Grün. Und das Kaliber G1732, ein 7750, das speziell für Graham von La Joux-Perret Manufacture modifiziert wurde, verrichtet exakt und ohne Murren seinen Dienst – voll aufgezogen ganze 42 Stunden.
Fazit: Eine Uhr, die mich überrascht hat. Der perfekte Begleiter für Links/Links-Träger. Trotz paneraiesken Ausmaßen trägt sie sich hervorragend – auch am nicht riesenwüchsigen Arm. Ein extrovertiertes Erscheinungsbild und die eigenwillige, aber sinnhafte und intuitive, Bedienung machen sie zu einem ausgefallenen Accessoire für Styler und Individualisten.
Der Spaß beginnt bei ca. 3.000,- Euro für eine leidlich gebrauchte Uhr. Für einen Tausi mehr kann man sich auf ein einfaches, neues Modell freuen.
Für mich war diese Uhr ein gelungener Einstieg in die Welt von Graham, die als unabhängige Uhrenschmiede stolz die Jahreszahl 1695 vor sich herträgt, wenn auch nur als Reminiszenz an den Namensgeber.
Mal schauen, was noch kommt, die aktuelle Chronofighter „Vintage“ steckt mir schon ein wenig in der Nase… denn die hier gezeigte Uhr ist käuflich unter www.derzeitvertreiber.de
2 Comments
Wieder eine klasse schreibe.
Na da hat doch einer Robb Report gelesen ?! Gruß Antje
…ich glaube wir beide. 🙂