Uhrentest: STOWA Chronograph 1938 Automatik

Die Welt ist voller schöner Uhren. Und je mehr man die Welt kennt, um so lieber bleibt man in der Heimat. Das hätte nun auch mein Vater sagen können, der den Schwarzwald großzügig zur Heimat (eigentlich im Saarland) dazuzählte. Ich mochte dieses Mittelgebirge in meiner Kindheit nie – verband ich es doch mit Wandern, schlechtem Wetter und familienfreundlichen Pensionen.

Dies hat sich geändert, seit die Ziele nicht mehr Titisee, Freudenstadt oder Bad Krotzing heißen (allesamt wunderbare Fleckchen), sondern Schremberg, Pforzheim oder Engelsbrand. Besucht man letztgenannten Ort, stolpert man unweigerlich über Jörg Schauer, seines Zeichens der Erbauer der gleichnamigen Uhren und der Inhaber von STOWA.

Einen kleinen Teil davon möchte ich heute testen: Den STOWA Chronographen namens „1938“. Eine Neuinterpretation einer hauseigenen Taschenuhr aus eben diesem Jahr.

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Das Testobjekt ist die schwarze Version mit Datum. Zu haben auch noch als „bronze“, ebenfalls mit und ohne Datum. Wer von Hand aufziehen möchte, kann sich das Werk für 300,- Euro Zuschlag umbauen lassen. Zu beziehen sind die Uhren ausschließlich im STOWA Online-Shop, ein Trend, der bei vielen Manufakturen zu finden ist. Es ist absolut legitim, die Marge des Handels selbst einzustreichen und dabei nicht auf Kundenservice zu verzichten. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: das Team ist online und telefonisch sehr gut erreichbar, kompetent, freundlich und kundenorientiert. Was will ich also mehr? Eine gute Uhr!

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Der Chronograph in bronzen war sehr lange eins meiner Lieblingsstücke.

Und die bekomme ich mit dem 1938er Chrono durchaus. Die aufgerufenen 1830,- Euro sind eine Ansage – vor allem in dem hart umkämpften Segment zwischen 1,5 und 2k. Doch bereits der erste haptische Eindruck macht klar: Hier bekomme ich auch was für mein Geld. 41mm-Gehäuse, 13,7mm hoch mit einem Glasboden, der den Blick auf das Valjoux 7753 freigibt. Ohne Schnickschnack und trotzdem schön anzuschauen. Da habe ich schon immer an den „Kulisse“-Modellen von Jörg Schauer bewundert.

Das Zifferblatt ist aus Neusilber geprägt, feinmattiert und bedruckt. Die Zeiger sind leicht gewölbt, poliert und vernickelt. Es liegt in der Natur der Sache, dass das versilberte und diamantierte Zifferblatt der bronzenen Ausführung einen etwas nobleren Eindruck hinterlässt. Die schwarze Version aber einen Tick (wie passend) besser ablesbar scheint. Nobel vs sportlich. Beides überzeugt.

Über das 7753 müssen wir nun nicht großartig fachsimpeln. Das Werk passt zur Uhr und ins Preisgefüge, fertig.

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Karton, Box, Papiere, Uhr – was braucht man mehr?

Der erste Eindruck

Das Innenleben des kleinen silbernen Köfferchens (seinerseits verpackt in orange-weißer Kartonage), der vom Werk aus als Uhrenbox dient, verzichtet auf rustikal-hölzerne Eleganz und präsentiert ohne Umschweife die Uhr nebst passenden Papieren. Edelholzboxen-Sammler gehören nicht zu Schauers Kundenkreis. Technik, Design und Edelstahl. Passt. Das hochglanzpolierte Gehäuse ist und wirkt massiv, ohne Schnörkel, dafür aber mit abgeflachter Lünette. Die ersten Swirls und Mikrokratzer sind nach ein- bis zweimaligem Tragen nicht zu vermeiden, doch eine Uhr für richtige Kerle kann so was ab und wird durch solche Lebensspuren nur authentischer.

Der Chronograph ist präsent am Handgelenk und lässt sich nicht gerne (und auch nicht gut) unter einer engen Hemdmanschette verstecken. Viel zu diesem positiven Eindruck bei trägt…

…das Armband

Der geneigte Leser weiß, dass ich an dieser Stelle schon mehr als einmal wegen starrer Arm-Brettchen und plastinierten Pseudo-Krokos vom Leder gezogen habe. Anders bei STOWA. Da sage ich nur: Danke für ein Uhrenband, das ganz erheblich zur guten Optik und zum Tragekomfort der Uhr beiträgt. Proportion und Verarbeitung des 22ers sind für die Preisklasse überdurchschnittlich.

Ein ganz persönlicher Tipp: Mal ein Rallye-Band mit großen Löchern montieren – ein Kracher. Das braune Vintage-Band an der Bonze-Version ist übrigens nicht ab Werk, aber meine Lieblings-Variante an besagter Uhr.

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Weniger (Spiegelung) wäre mehr (Ablesbarkeit).

Ablesbarkeit

Schon wären wir bei den wenigen Punkten, die ich abziehen möchte. Die glänzenden Zeiger und vor allem das spiegelnde Glas tragen nicht gerade zur schnellen Ablesbarkeit bei. Aus manchem Blickwinkel ist der Zeigerstand nicht auf Anhieb zu erfassen. Die Reflektion des Glases ist beim Wristshot gut sichtbar…

Image-Faktor

Die Uhren aus Engelsbrand werden nicht zur Selbstdarstellung und –aufwertung getragen, sondern weil sie überzeugen. Man muss sich schon ein wenig mit deutschen Uhren beschäftigen um zu entdecken, dass der Schwarzwald neben Junghans noch andere Schätze birgt. Dann aber wird man zur Uhr und zur Marke ausschließlich positives Feedback erhalten.

Keine Uhr, um sie zu verstecken.

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Freier Blick auf das Valjoux 7753

Wer trägt sie?

Meist männliche Menschen mit einem gewissen Uhren-Know-how und der Bereitschaft fast zweitausend Euro für einen Insider auszugeben. Dem Träger ist gutes Aussehen wichtig (ich meine das der Uhr) und glänzt auch durch ein gewisses Maß an Markentreue. Nicht selten besitzt er auch eine Flieger- oder Marineuhr, wenn nicht sogar eine Antea aus dem Hause STOWA. Und mit allen ist er gut beraten.

Man trägt die Uhr zu…

…fast jedem Anlass. Ausgenommen vielleicht zu Zweireiher und Smoking. Die Uhr will ans Licht, (die Helle) an einem Arm mit hochgekrempeltem Flanell und rustikaler Weste, (die Schwarze) zur grauen Jeans und lässigem, schwarzen V-Ausschnitt. Von Landlord bis Rollkragen-Designer, die Zielgruppe ist heterogen.

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Fazit

Der STOWA Chronograf 1938 ist ein gutes Beispiel dafür, dass traditionelles Design modern interpretiert werden kann – und dabei hervorragend funktioniert. Der Preis ist gerechtfertigt und dem Paket angemessen. Die Werthaltigkeit des Modells ist ausgesprochen gut, da die Marke treue Fans hat und die Auflage zu gering ist, um den Markt zu überschwemmen. Eine Uhr an der man jahrelang Freude hat (wenn man sie nicht, so wie ich, nach dem Test* wieder im Schwarzwald auswildert).

*Meine Uhrentests sind nicht bezahlt und die Texte nicht von den Herstellern redigiert. Die Uhren wurden von mir ausgesucht, entweder vor dem Test gekauft oder werden mir als Leihgabe zur Verfügung gestellt und gehen nach dem Test an der Hersteller zurück.

 

8 Comments

  1. WeSam sagt:

    Ich habe mir gestern diese Uhr bestellt. Mittlerweile kostet sie € 2790,00 mit Handaufzug. Jetzt bin ich „in freudiger Erwartung“!!

  2. Carsten sagt:

    Hallo, danke für den Artikel. Ich bin auf der Suche und mit hat er geholfen. Ist die Abweichung pro Woche / Monat bekannt?

  3. Rio sagt:

    Die bronzene besticht mit ihrem etwas retromäßigem Design.

  4. voky sagt:

    Ano . Stowa je best !

  5. Salewski sagt:

    Billige Lasergrvur rund um Deckel hat solche schöne Uhr nicht verdient.

  6. Dobinsky sagt:

    Schöne Rezension einer noch schöneren Uhr, Danke!
    Werde sie mir gelegentlich in Engelsbrand persönlich anschauen.

  7. Tom sagt:

    Schöner Beitrag, würde mich über mehr bzw. detaillierte Beiträge über STOWA freuen.

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