Best of Basel

Ich möchte gleich die Erwartungen runterschrauben: In diesem Artikel bekommen Sie keine einzige Uhr zu sehen. Keine Neuheiten – oder was immer sich auf der weltgrößten Uhrenmesse so nennt. Nicht den dicksten, goldigsten, teuersten oder seltensten Zeitmesser. Keine Daten, keine Bilder, kein PR-Blabla – nur mein ganz persönlicher Eindruck.

Ich hatte eigentlich nicht vor, nach Basel zu fahren. Bereits im letzten Jahr bin ich dem Trubel und der Selbstdarstellung der rund 1.500 ausgestellten Marken entgangen – vermisst habe ich es nicht. Denn gleichwohl wie jedes Jahr sind alle Novitäten bereits Wochen vorher durchs Dorf und die einschlägige Presse gejagt worden.

Doch dann haben ein halbes Dutzend deutsche Hersteller angefragt, ob wir uns nicht sehen und kennenlernen könnten. Und interessante Leute treffen, das ist meins. Also ab in die Schweiz, das Land der Autobahnvignette (für 1,4 km von der Grenze zum Parkplatz). Parkplatz, Shuttle, Eintritt – dank Presseausweis habe ich diese 100 Franken schon einmal gespart, dem gefühlten Gegenwert von zwei trockenen Sandwiches, einem Wasser und einem Espresso in den Messehallen.

Ich bahne mir den Weg durch die jährlich durchlässiger werdende Menschenmasse am Haupteingang. Besucherrückgang heißt das im Messejargon. Aber Hauptsache 4.400 Journalisten – inklusiver dem Macher von Herrn Strohms Uhrsachen.

Halle1: Alles wie gehabt und irgendwie altbekannt. Die Großen der Branche von Rolex, Patek, Hublot bis zum Omega-Kopfende. Halt: Bei Breitling schwimmen jetzt Quallen (?) statt Fische im Aquarium. Die Hostessen sind hübsch, die Security hoch wie breit – alles wie gehabt. Die außen liegenden Schaufenster zeigen die x-te Variation der Neuauflage des Remakes eines Klassikers des Hauses.

In den innen liegenden, mehrstöckigen Showrooms werden von den Einkäufern aus aller Welt „Aufträge geschrieben“ oder Kollektionen zugeteilt – je nach Sichtweise. Einem handverlesenen Kreis an Privatkunden aus Nah- und Fernost legt man Limitierungen und Komplikationen ans Herz und ans Handgelenk. Die Wrist-Selfies der Dubaischen Clientel sind Sekunden später auf Instagram zu bewundern. So macht man die anderen Prinzen neidisch.

Aber es geht auch anders. In Halle 2 werden die Messestände wesentlich kleiner, in bescheidener, einstöckiger Bauweise. Dafür werden die Menschen freundlicher und die Gesprächspartner „entscheidender“. Alleine dafür hat sich die Reise nach Basel gelohnt.

Ob mit Terminabsprache oder unangekündigt, mit allen kam ich ins Gespräch, egal ob Marketingleiterin, Geschäftsführer oder Inhaber. Da wurden aus „eigentlich habe ich gar keine Zeit“ auch mal 30 Minuten mitreißende Präsentation des neuen Modells oder eine fast philosophische Diskussion um Design und Technik. Nur wenige deutsche Hersteller können oder wollen sich wohl die exorbitanten Kosten einer solchen Messe leisten, bei der jeder Klapptisch schon fünfstellig kostet. Aber mit denen ich ins Gespräch kam, mit denen hat es Spaß gemacht. Mit Meistersinger und Mühle, mit Sinn, Stowa oder Zeppelin.

Mir als Marketing-Fuzzi geht das Herz auf, wenn die Verantwortlichen über „ihr neustes Baby“ ins Schwärmen geraten. Wenn ich sehe, dass neben technischer Innovation vor allem Herzblut im Gehäuse verbaut wurde. Oder in den Diskussionen heraushöre, dass man sich gegenseitig schätzt und respektiert. Das hat mich wieder in meiner Meinung bestärkt, dass ich für 2-3.000,- Euro zwar nicht einmal eine halbe Rolex und nur ein Zehntel Paket bekomme. Aber dafür ganz viel deutsche Uhrmacherkunst – auch außerhalb von Glashütte.

Fazit: Es lohnt sich, einmal nach Marken Ausschau zu halten, die den Namen ihres (aktuellen) Inhabers tragen. Die nicht durch künstliche Verknappung die Preise hochhalten, sondern einfach keinen größeren Mengen produzieren können.

Jenseits des Mainstream – und der Halle 1 in Basel. Viel Spaß beim Entdecken.

Und wer doch Bilder von der Messe sehen möchte, für den habe ich hier das Wichtigste zusammengefasst.

2 Comments

  1. Ponto sagt:

    Hallo Herr Strohm,
    nach Basel kommt man ohne Vignette ganz gut über Mühlhausen – als MUF-Länder sowieso😉.
    Schöne Ostern
    Ihr Klaus Ponto.

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